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Obama empfängt Dalai Lama im Weißen Haus

In Anbetracht heftiger Proteste aus der Volksrepublik China ist das Treffen von US-Präsident Barack Obama mit dem Dalai Lama mit großer Spannung erwartet worden.

Spekuliert wurde dabei weniger über die Gesprächsthemen, sondern über den Rahmen der Begegnung am Donnerstagvormittag (Ortszeit) im Weißen Haus in Washington. Allgemein wurde damit gerechnet, dass es ein privates Treffen bleiben würde – ohne Presse- und Fototermin und ohne öffentliche Erklärung. Dafür sprach allein schon der Ort der Zusammenkunft: Nach Angaben des Weißen Hauses wollte Obama das tibetische Exil-Oberhaupt im sogenannten Map Room empfangen, in den gewöhnlich private Gäste des Präsidenten gebeten werden. Staatsempfänge finden dagegen im Oval Office statt. Offensichtlich war die US-Regierung darum bemüht, die chinesische Führung nicht noch weiter zu verärgern.

Andererseits wollte sich Obama aber auch nicht noch einmal dem Vorwurf aussetzen, vor der Kritik aus Peking einzuknicken. Genau dies wurde ihm im vergangenen Oktober zur Last gelegt, denn damals wurde der in Washington weilende Friedensnobelpreisträger nicht empfangen. Die Tibeter zeigten sich auch mit einem Treffen privaten Charakters zufrieden. Schon dies gebe ihnen das Gefühl, nicht gänzlich von der Welt vergessen zu werden, sagte Lodi Gyari, ein Gesandter des 14. Dalai Lama Tenzin Gyatso.

Auch die Treffen des Dalai Lama mit früheren US-Präsidenten fanden in der Regel ohne Pressebegleitung statt. Obamas Vorgänger George W. Bush zeigte sich allerdings 2007 mit dem Dalai Lama bei einem öffentlichen Termin, als dem Friedensnobelpreisträger eine hohe Auszeichnung des US-Kongresses verliehen wurde. Im Vorfeld der Olympischen Spiele 2008 in Peking hatte die chinesische Führung unter internationalem Druck der Aufnahme von Gesprächen mit der tibetischen Exilführung zugestimmt. Zuvor noch hatte Peking den Dalai Lama beschuldigt, die Unruhen in Tibet vom März 2008 angezettelt zu haben. Die Chinesen warfen ihm vor, nach wie vor einen “Geheimplan” zur Erlangung der Eigenstaatlichkeit Tibets zu verfolgen.

Der britische Premier Gordon Brown hatte seinerseits den Dalai Lama nicht im offiziellen Amtssitz Downing Street empfangen, sondern im Lambeth-Palast, der Londoner Residenz des anglikanischen Primas und Erzbischofs von Canterbury, Rowan Williams. 2007 hatten die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und Österreichs damaliger Bundeskanzler Alfred Gusenbauer den Dalai Lama jeweils am Regierungssitz empfangen, was in Peking als unerhörter Affront aufgefasst worden war.

Der buddhistische Klosterstaat Tibet war von 1720 bis 1912 chinesisches Protektorat und nach dem Ende des chinesischen Kaisertums faktisch selbstständig. 1950/51 marschierten chinesische kommunistische Truppen in Tibet ein. 1959 nach der Niederschlagung des großen Volksaufstands floh das geistliche und weltliche Oberhaupt, der 14. Dalai Lama, mit über 100.000 Landsleuten über die Grenze nach Indien, wo er noch heute lebt. 1965 errichtete Peking die “Autonome Region Tibet”; deren Fläche ist wesentlich kleiner als die des alten Tibet, von dem Teile den chinesischen Provinzen Qinghai und Sichuan zugeschlagen wurden. Menschenrechtsorganisationen und der Dalai Lama, dem 1989 der Friedensnobelpreis zuerkannt wurde, haben Peking unter anderem Zwangsabtreibungen und Zwangssterilisationen, sowie “kulturellen Völkermord” durch die massive Ansiedlung von Han-Chinesen vorgeworfen.

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