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NSA hörte französische Präsidenten ab

Verteidigungsrat rief den Verteidigungsrat ein
Verteidigungsrat rief den Verteidigungsrat ein
Die USA haben nach Informationen der Enthüllungsplattform Wikileaks über Jahre hinweg die drei französischen Präsidenten Jacques Chirac, Nicolas Sarkozy und Francois Hollande abgehört.

Das geht aus Wikileaks-Dokumenten hervor, über die die französische Zeitung “Liberation” und die Enthüllungsplattform Mediapart am Dienstag berichteten.

“Kommunikation nicht im Visier”

Hollande berief für Mittwochmorgen einen Verteidigungsrat zur Prüfung der Angelegenheit ein. Die USA versicherten unterdessen, dass Hollande nicht überwacht wird. “Wir nehmen die Kommunikation von Präsident Hollande nicht ins Visier und werden sie nicht ins Visier nehmen”, sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, Ned Price. Zur Praxis in der Vergangenheit äußerte er sich allerdings nicht.

Bei den als streng geheim eingestuften Dokumenten handelt es sich laut Mediapart und “Liberation” unter anderem um fünf Berichte des US-Geheimdienstes NSA, die auf abgefangener Kommunikation basierten. Die Berichte seien von einer Abteilung namens Summary Services (Zusammenfassungsdienst) für die US-Geheimdienste und einzelne NSA-Verantwortliche erstellt worden.

Geheime Treffen

Der US-Lauschangriff dauerte demnach mindestens von 2006 bis 2012. Das neueste Dokument stammt den Berichten zufolge vom 22. Mai 2012, es entstand also wenige Tage nach der Amtsübernahme des Sozialisten Hollande. In dem Dokument geht es den Berichten zufolge um geheime Treffen zu einem möglichen Austritt Griechenlands aus der Eurozone. Treffen mit der deutschen SPD, die damals in der Opposition war, seien hinter dem Rücken von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) organisiert worden.

Aus einem Dokument über Hollandes konservativen Amtsvorgänger Sarkozy wird zitiert, dieser habe sich 2008 als “einziger fähiger Mann” im Kampf gegen die damalige Finanzkrise betrachtet. Sarakozy mache die USA für “viele der gegenwärtigen wirtschaftlichen Probleme” verantwortlich, sei aber der Ansicht, dass Washington “nun einige seiner Ratschläge befolge”.

Kein “No-Spy-Abkommen”

In einem anderen Dokument werden den Berichten zufolge verschiedene Telefonnummern aufgelistet, darunter die Nummern von Präsidenten, ihren engsten Beratern und verschiedenen Ministern. In Deutschland hatte ein mutmaßlicher US-Lauschangriff auf das Mobiltelefon von Bundeskanzlerin Merkel für große Aufregung gesorgt. Washington ließ damals wissen, dass der Geheimdienst dies nicht weiter tue. Ein “No-Spy-Abkommen” zwischen beiden Ländern kam aber nicht zustande.

Aus Hollandes Umfeld war zu erfahren, dass der Präsident entschieden habe, am Mittwochmorgen um 09.00 Uhr einen Verteidigungsrat einzuberufen, um die Art der an diesem Dienstagabend von der Presse verbreiteten Informationen zu prüfen und zweckdienliche Schlussfolgerungen daraus zu ziehen”.

Keine geheimdienstliche Überwachung im Ausland

“Wir werden uns nicht zu speziellen Vorwürfen gegen die Geheimdienste äußern”, erklärte der Nationale Sicherheitsrat am Dienstag in Washington. Grundsätzlich nähmen die USA keine geheimdienstliche Überwachung im Ausland vor, “wenn es nicht ein spezielles und bestätigtes Sicherheitsinteresse gibt”. “Das gilt für normale Bürger ebenso wie für internationale Führer”, hieß es in der Erklärung, die auch vom Büro des US-Geheimdienstchefs James Clapper veröffentlicht wurde.

Treffen reine Show

Auch der NDR und die “Süddeutsche Zeitung” konnten die Wikileaks-Dokumente einsehen. Wie es auf tagesschau.de hieß, wurde in der NSA-Notiz vom Mai 2012 ein Gespräch zwischen Hollande und dem damaligen Ministerpräsidenten Jean-Marc Ayrault widergegeben. Die beiden unterhielten sich demnach über ein geplantes Treffen mit der SPD-Spitze in Paris, um über die Euro-Krise und einen möglichen Austritt Griechenlands aus der Gemeinschaftswährung sprechen. Hollande habe sich zudem über ein Treffen mit Bundeskanzlerin Merkel in der Vorwoche beschwert. Es sei nichts Substanzielles erreicht worden und reine Show gewesen.

Die in den NSA-Dokumenten aufgelisteten Telefonnummern sind laut NDR und “Süddeutscher Zeitung” offenbar Teil der sogenannten Selektoren, anhand derer die NSA weltweite Datenströme durchsucht. Auch der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) hat für seine Abhörstation in Bad Aibling Selektoren von der NSA geliefert bekommen. Ob die nun von Wikileaks veröffentlichten Selektoren auch in Bad Aibling eingesetzt wurden, ist demnach aber unklar.

“Inakzeptabel unter Verbündeten”

Frankreichs Regierungssprecher Stephane Le Foll bezeichnete die angeblichen amerikanischen Abhöraktionen gegen französische Präsidenten als “inakzeptabel unter Verbündeten”. Es falle schwer, sich vorzustellen, was einen Alliierten dazu bewegt habe, sagte am Mittwoch dem Sender iTele.

Zugleich betonte Le Foll, der zugleich Landwirtschaftsminister ist: “Was passiert ist, ist nicht akzeptabel, aber das heißt trotzdem nicht, dass wir in eine Krise kommen.” Präsident Francois Hollande hatte für den Vormittag ein Treffen des Verteidigungsrats einberufen, um über die neuen Enthüllungen amerikanischer Späh-Aktivitäten zu sprechen. Nach Angaben der Enthüllungsplattform Wikileaks hat der Geheimdienst NSA die letzten drei französischen Präsidenten abgehört.

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