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NSA-Affäre: Pilz fordert Ausweisung von "Kriminellen mit Diplomatenpässen"

Peter Pilz fordert eine Untersuchung der Praktiken von NSA und GCHQ.
Peter Pilz fordert eine Untersuchung der Praktiken von NSA und GCHQ. ©APA
Wien. "Wir müssen heute davon ausgehen, dass sämtliche SIM-Cards in Österreich von NSA und GCHQ angegriffen worden sind oder noch angegriffen werden." Das sagte Peter Pilz von den Grünen bei einer Pressekonferenz zum Thema "NSA in Österreich: Der Angriff auf Handys, Ministerien und Banken" in Wien.
NSA kann SIM-Karten auslesen

“Das ist ein Überwachungsgau. Ein schlimmerer Fall ist nicht vorstellbar”, so der Sicherheitssprecher der Öko-Partei weiter.

“Das Handy wird zur NSA-Wanze gemacht”

Das Ziel der NSA, so Pilz, sei seit einigen Jahren nicht mehr nur, Einzelne zu verfolgen und abzuhören, sondern das komplette Absaugen und Aufzeichnen aller Telekommunikation. Diese “Fulltake”-Strategie sei gut dokumentiert und werde bereits umgesetzt. “Das Handy wird zur NSA-Wanze gemacht und fungiert als Peilsender.”

Möglich geworden sei dies durch den Diebstahl der Generalschlüssel Ki sowie der “Over the air” (OTA)-Schlüssel von SIM-Card-Herstellern wie u.a. dem niederländischen Unternehmen Gemalto.

NSA greift in Österreich Daten ab

Ein solcher Angriff sei auch auf den derzeit wichtigsten SIM-Karten-Lieferanten für Österreich, Giesecke & Devrient, geplant gewesen, wie Dokumente beschrieben, die dem Portal “The Intercept” vorlägen. Inwieweit dieser bereits erfolgt sei, sei noch nicht geklärt. Sicher sei aber, dass in Österreich bereits vier “special collection points” der NSA – drei in Wien, einer im Westen des Landes – dokumentiert seien.

Das Handy als Wanze in der Tasche

“Alles, was Sie am Handy reden, wird aufgezeichnet”, sagte Pilz. Die Daten lägen auf Servern und könnten beispielsweise nach Schlagwörtern durchsucht werden. Via OTA-Keys könne Malware auf SIM-Cards installiert werden, die regelmäßig SMS mit Ortsangabe an die Rechner von NSA und auch CIA sende, so der Sicherheitssprecher der Grünen.

Um unerkannt zu bleiben, werde die Verrechnung über die Unterdrückung der “billing server” verhindert. “NSA und GCHQ machen aus Handys Instrumente der totalen Überwachung.” Und dies geschehe ohne richterlichen Befehl, ohne Kontrolle oder Wissen der Betroffenen.

Sind Geheimdienste kriminelle Organisationen?

Gegen diesen “Machtmissbrauch” durch die USA und Großbritannien hilft laut Pilz nur eine breite Allianz aus Opfern, Providern und Politik. Er forderte sofortige Aufklärung durch die Botschafter der beiden Länder. “Es ist zu prüfen, ob es sich nach unserem Rechtsverständnis bei der NSA und GCHQ um kriminelle Organisationen handelt.”

Großbritannien müsse sich überlegen, ob sich das Land auf die Seite des US-amerikanischen “Überwachungsstaats” stelle oder ein europäischer Rechtsstaat sei und sich entsprechend nicht mehr wie ein “Einbrecher” verhalten. Pilz forderte weiter Sanktionen auf allen diplomatischen und politischen Ebenen wie die Kündigung von Verträgen des Heeresnachrichtenamtes mit der NSA.

Wer übernimmt die Kosten?

Auch das Thema Schadenersatz werde eine große Rolle spielen. “Die EU inklusive der Schweiz und Norwegen etc. hat rund 585 Millionen Einwohner. Rechnet man mit dem Austausch aller SIM-Cards, eine kostet rund fünf Euro, bei einer Mobilfunkpenetrationsrate von ca. 120 Prozent, dann kommt man auf rund 3,5 Milliarden Euro.” Die Politik müsse hier unterstützend tätig sein. Ebenfalls vorbereitet werden müsste der Austausch aller SIM-Karten.

Derzeit habe seine Recherche aber ergeben, dass nicht einmal geklärt sei, ob es überhaupt spitzelsichere SIM-Cards gebe, so der Grün-Politiker. Er betonte die Notwendigkeit einer Lösung auf EU-Ebene, neue Standards der Verschlüsselung zu entwickeln, wie etwa die Ersetzung von statischen durch dynamische Schlüssel. “Es ist Aufgabe der EU, die Menschen, die bisher vertrauensvoll telefoniert haben, zu schützen.” (red/APA)

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