Die Sicherheitssituation habe sich "massivst verschlechtert", sagte der Experte vom Österreichischen Institut für Internationale Politik (oiip) nach den jüngsten Ereignissen im Ö1-"Mittagsjournal" am Montag. Von beiden Seiten, vor allem aus Serbien, kämen "unversöhnliche Töne".
"Sehr stur"
Der serbische Präsident Aleksandar Vucic habe den Einsatz von serbischen Polizisten in den Raum gestellt, der kosovarische Premierminister Albin Kurti sei "sehr stur" in seiner Haltung. In den letzten 10 bis 15 Jahren sei die Situation nicht so schlecht gewesen. "Das ist ein Desaster für die Region, auch für die Europäische Union, die lange Zeit die Verhandlungen geführt hat und weiterhin führt", so Dzihic.
Serbien erkennt die Unabhängigkeit seiner ehemaligen Provinz Kosovo nicht an und sieht sich als Schutzmacht für den Nordkosovo, in dem viele Serben leben. "Serbien hat absolute Kontrolle im Nordkosovo, wenn es um die serbische Bevölkerungsgruppe geht. Wir wissen auch, dass es im Norden kriminelle Gangs gibt, die de facto auch von Belgrad mitkontrolliert werden", sagte der Politologe im Interview und schrieb die Situation im Nordkosovo dem Regime Vucics zu.
Potenzial zur Deeskalation
Der serbische Präsident habe seine nationalistische und aggressive Rhetorik in letzter Zeit "hochgefahren", er scheine "diese Krise zu lieben", die ihn innerserbisch stärke und ihm Schutz gegen die nationalistischen rechten Gruppierungen in der Gesellschaft biete. Potenzial zur Deeskalation sieht Dzihic, wenn Vucic die Boulevardmedien, die er kontrolliert, zurückpfeifen würde, die jeden Tag von einem Krieg schrieben und Kurti als "Terroristen und Schlächter" bezeichneten. Vucic spreche zwar immer wieder von Frieden, drohe "im nächsten Atemzug" jedoch wieder mit Krieg.
Die EU habe es zwar vor zwei Wochen geschafft, den Streit rund um die Autokennzeichen zu entschärfen, aber es habe lange Zeit keine effektive Verhandlungsführung seitens der Europäischen Union gegeben und es bestehe auch ein Mangel an Vertrauen auf der kosovarischen Seite, so Dzihic. Brüssel habe tendenziell "vieles schleifen lassen", wenn es dann "brenne", wie im Kennzeichen-Streit, gebe es wieder Bewegung.
Keine EU-Mitgliedschaft
Auf beiden Seiten fehle die Perspektive der EU-Mitgliedschaft, stellte der Experte grundsätzlich fest. "Derzeit ist die Mitgliedsperspektive für Serbien und Vucic uninteressant, für Kurti und den Kosovo ist sie zu weit weg." Die EU könne "zu wenig auf den Tisch legen", der Konflikt breche immer wieder aus, weil es "keine nachhaltige Lösung" gebe. Man müsse die EU "in die Pflicht" nehmen und diese müsse effizienter agieren, sonst drohe ein Szenario, wo die KFOR-Truppen, für die auch Österreich Soldaten stelle, in den Konflikt involviert werden und man wolle keine zweite Front in Europa neben der Ukraine.
"Mit allem, was der Westen hat"
"Jetzt muss wirklich unmittelbar und schnell deeskaliert werden, mit allem, was der Westen zu Verfügung hat, sowohl in Belgrad als auch in Prishtina", warnte Dzihic. Danach müsse man sich die grundsätzlichen Fragen ansehen und langfristig etwas vorlegen, was dem Nationalismus in Belgrad und auch dem "pragmatischen, aber sturen Kurs" vor Kurti etwas entgegensetzt, so der Politologe.
(APA)
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