Die Freiheitlichen hatten den Wahlkampf zu einer Anti-Establishment-Kampagne gemacht und darauf vertraut, dass die Wechselstimmung im Land groß genug ist, um mit der Verunglimpfung von Van der Bellen als Schnittlauch auf der rot-schwarzen Suppe eine Mehrheit hinter ihren Kandidaten zu bringen. Offenbar schreckten die Österreicher dann aber doch davor zurück, ein freiheitliches Staatsoberhaupt zu küren, das wohl Österreichs Image in Europa zumindest kurzfristig nicht unbedingt gedient und auch die heimische Politik ordentlich durchgeschüttelt hätte.
Lager-Wahlkampf schadete Hofer
Nicht umsonst hatte Hofer – auf die Unbeliebtheit von Rot-Schwarz schielend – immer wieder betont, dass er die Regierung gegebenenfalls auch entlassen würde, wenn die seiner Meinung nach zu wenig weiterbringen würde. Dass er dies nur tun würde, um Neuwahlen zu inszenieren, die dann seinen Parteichef Heinz-Christian Strache zur Kanzlerschaft spülen sollten, bestritt der Dritte Nationalratspräsident zwar stets, doch Zweifel blieben.
Geschadet hat Hofer mit Sicherheit, dass die Stichwahl letztlich zum Lager-Wahlkampf wurde. Auch viele, die Van der Bellens Performance mäßig fanden bzw. überhaupt mit den Grünen nichts am Hut hatten, schreckten davor zurück, einen Freiheitlichen in die Hofburg zu schicken, auch wenn dieser sich noch so freundlich durch den Wahlkampf bewegte.
Dabei galt der 45-Jährige Familienvater – in zweiter Ehe verheiratet, Vater von vier Kindern – schon seit Jahren als jener Freiheitliche, mit dem sich auch Vertreter anderer Parteien ganz gerne zeigten. Seit der vergangenen Nationalratswahl ist er Dritter Präsident, übt das Amt fehlerlos und verbindlich aus. Seine Umgangsformen sind tadellos, quasi der Wunsch-Nachbar von nebenan, wenn man sich nicht daran stößt, dass jenseits des Gartenzauns die Schießeisen des Waffenfreunds in einem Schrank ruhen.
Zur Kandidatur überredet
Dass Hofer, der von seinen Parteifreunden zur Kandidatur erst genötigt werden musste, nicht gar so sanftmütig ist, wie er gerne meinen machen will, zeigte sich in den TV-Duellen. Da provozierte er gerne, unterbrach, wurde höhnisch, um ein paar Moment später wieder ins Verbindliche zu wechseln.
Höflich trägt Hofer auch seine politischen Positionen vor, die dann gar nicht so ohne sind. Er, der schon in seinen frühen 20ern zum Eisenstädter FPÖ-Obmann und burgenländischen Landesparteisekretär aufstieg, ist ein strammer Freiheitlicher. Hofer gehört zum engsten Führungszirkel von Parteichef Heinz-Christian Strache, hat das aktuelle Parteiprogramm geschrieben, umgibt sich mit schlagenden Burschenschaftern, ist selbst Mitglied der umstrittenen Marko-Germania Pinkafeld, vertritt in der Flüchtlingspolitik einen äußerst restriktiven Kurs und ist großer EU-Skeptiker. Folgerichtig dürften die meisten Staats- und Regierungschefs der Union froh sein, dass ihnen das erste rechtspopulistische Staatsoberhaupt Westeuropas erspart bleibt.
Hofer selbst wird seine überraschende Niederlage wohl auch ganz gut verkraften. Schließlich bleibt ihm sein Amt im Nationalrat und wollte die Familie ohnehin lieber daheim in Pinkafeld verweilen. Dazu kommt: Hofer hat schon weit Schlimmeres überstanden. Seit einem Paragleit-Unfall, der ihn an den Rollstuhl zu fesseln drohte, ist er stark gehbehindert.
Zur Person:
Norbert Hofer, geboren am 2. März 1971, in zweiter Ehe verheiratet, Vater von vier Kindern, gelernter Flugzeugtechniker, 1995 Stadtparteiobmann von Eisenstadt, 1996 Landesparteisekretär im Burgenland, 1997 Gemeinderat in Eisenstadt, 2005 stv. Bundesparteiobmann, seit 2006 Nationalratsabgeordneter und FPÖ-Behindertensprecher, seit Oktober 2013 Dritter Nationalratspräsident.
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