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Nobelpreis lastet auf Mo Yan: "Bin kein Superstar"

Mo Yan hätte gerne wieder mehr Zeit für sich
Mo Yan hätte gerne wieder mehr Zeit für sich
Mo Yan wird der Trubel zu viel. Ein halbes Jahr nach der Zuerkennung des Literaturnobelpreises an den chinesischen Schriftsteller ist sein Heimatort Gaomi in der Provinz Shandong zum Pilgerort geworden. Allein am vergangenen Wochenende kamen wieder mehr als tausend Touristen. Einige von ihnen brechen sogar Steine aus dem Mauerwerk seines Hauses, um sie als "kulturelle Souvenirs" mitzunehmen.


Den plötzlichen Ruhm und die Kontroverse um seine systemkonforme Haltung gegenüber dem kommunistischen Regime empfindet der 58-jährige Schriftsteller zunehmend als Belastung. “Ich bin kein Superstar”, warb Mo Yan vergangene Woche in Peking bei einem Treffen mit seinem Schriftstellerkollegen John Maxwell Coetzee aus Südafrika um Verständnis.

“Ich hoffe nur, dass ich so schnell wie möglich an meinen Schreibtisch zurückkehren kann”, zitieren ihn Zeitungen. Er bittet darum, nicht mehr eingeladen zu werden. Auch die Erwartungen, sich zu politischen und sozialen Problemen in China zu äußern, weist er zurück. “Schreiben ist Sprechen”, sagte Mo Yan. “Wenn Schreiben nicht die Realität verändern kann, wie kann es Sprechen dann?”

Aber eigentlich will er auch nicht verändern, sondern nur beobachten. “Ich bin gerne allein, damit ich von der Seite aus zuschauen kann.” Überhaupt hofft er, dass der Wirbel mit der Verleihung des nächsten Nobelpreises im Oktober endlich abebbt. Interviewanfragen lässt Mo Yan über seine Tochter Guan Xiaoxiao abwimmeln.

Doch so leicht lassen ihn seine Kritiker nicht aus seiner Verantwortung als Schriftsteller und erster in China lebender Nobelpreisträger. Seine Auszeichnung wird unter kritischen Kollegen zwar als Ehre für Chinas Literatur empfunden, doch sehen sie kontraproduktive Auswirkungen. Die Auszeichnung vergrößere vielmehr noch die Schere im Kopf. Das Nobelkomitee habe damit die Legitimität jener chinesischer Schriftsteller gestärkt, die Selbstzensur üben, lautet die Kritik.

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