Kürzlich hat das Bekanntwerden des Umstandes, dass Bundesbeamte die EU-weit gesetzlich vorgeschriebene 30-minütige Ruhepause nach sechs Stunden Arbeit schon seit Jahren bezahlt beziehungsweise als Arbeitszeit angerechnet bekommen, für Diskussionen gesorgt (Mehr in “VwGH bestätigt bezahlte Arbeitszeit für Beamte”; Anm.). Doch Bundesbeamte sind nicht die einzigen öffentlichen Arbeitnehmer in Österreich, die in den Genuss von solchen Sonderregeln kommen, die für ASVG-Versicherte insbesondere in der Privatwirtschaft in weiter Ferne sind. Denn wie Recherchen der Wirtschaftspresseagentur.com ergeben haben, gilt eine ähnliche Regelung ebenso für alle Mitarbeiter von österreichischen Sozialversicherungen, die auch in Vorarlberg mehrere Hundert Beschäftigte zählen.
Demnach wird allen Mitarbeitern der verschiedenen Sozialversicherungen 50 Prozent der 30-minütigen Ruhepause nach sechs Stunden Arbeit als Arbeitszeit angerechnet und damit de facto bezahlt. Das bestätigte allen voran VGKK-Obmann Manfred Brunner auf Anfrage. Das sei in einem eigenen Kollektivvertrag für alle Sozialversicherungsträger in Österreich so geregelt. Es gilt somit unter anderem für die Vorarlberger Gebietskrankenkasse (VGKK), die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA), die Pensionsversicherungsanstalt (PVA), die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA), die Bauernversicherung sowie die Unfallversicherung AUVA: Ihre Beschäftigten haben den Vorteil, wonach die Hälfte der 30-minütigen Ruhepause als Arbeitszeit zählt.
Sozialversicherungsmitarbeiter kommen de facto auf 38,75-Wochenstunden
Manfred Brunner begründet diese schon lange bestehende Ausnahmeregelung damit, dass man sich dadurch den vielen kollektivvertraglichen Regelungen in der Privatwirtschaft annähern wollte, wo gegenwärtig weniger als 40 Wochenarbeitsstunden bei Vollzeitbeschäftigung vorgesehen sind. Umgerechnet bedeute diese Regelung nämlich, dass die tatsächliche Wochenarbeitszeit der Sozialversicherungsmitarbeiter bei 38,75 Stunden liege, wenngleich es offiziell 40 Wochenstunden seien.
Hunderte Stunden pro Woche bezahlte Pause allein in Vorarlberg
In Summe kommt mit diesen 15 Minuten angerechneter Arbeitszeit an der Pause allein in Vorarlberg ein ganz netter Brocken zusammen. Um nur zwei Beispiele herauszugreifen: Die mit Abstand größte Sozialversicherungsanstalt im Ländle, die VGKK, und die SVA beschäftigen in Vorarlberg gemeinsam rund 400 Vollzeitäquivalent-Mitarbeiter (VZÄ-MA). Da jedem Vollzeit-Mitarbeiter pro Tag 15 Minuten Pause als Arbeitszeit angerechnet werden, sind dies täglich rein rechnerisch 100 Stunden und damit pro Woche 500 Stunden an de facto bezahlter Arbeitszeit, die als Pause konsumiert werden. Diese Überschlagsrechnung berücksichtigt jedoch nicht einen eventuell hohen Anteil an Teilzeitmitarbeitern, die weniger als sechs Stunden arbeiten und damit keine teilweise bezahlte Pause haben. Allerdings fehlen bei diesem Beispiel auf der anderen Seite die Mitarbeiter der anderen Sozialversicherungen im Ländle.
Verschiedene Wochenarbeitszeiten im öffentlichen Bereich
Im Rahmen der Recherchen kam noch ein anderer bemerkenswerter Umstand zutage: Dass nämlich auch die vorgegebenen Wochenarbeitszeiten im öffentlichen oder öffentlichkeitsnahen Bereich teils sehr unterschiedlich ausfallen: Im Vorarlberger Landesdienst gilt für Beamte und Angestellte die 40-Stunden-Woche, wobei die besagte 30-minütige Pause nicht angerechnet und damit nicht bezahlt wird. Gleiches gilt für die Mitarbeiter der Wirtschaftskammer Vorarlberg (180 VZÄ-MA inkl. WIFI) und der Landwirtschaftskammer Vorarlberg (60 VZÄ-MA).
Geringste Wochenarbeitszeit bei AMS und AK
Die Mitarbeiter der Sozialversicherungsanstalten kommen de facto auf die genannte 38,75-Stunden-Woche. Am geringsten ist die vorgegebene Wochenarbeitszeit in diesem Vergleich beim Arbeitsmarktservice Vorarlberg (200 VZÄ-MA) und der Arbeiterkammer Vorarlberg (90 VZÄ-MA): Bei beiden Einrichtungen muss bei Vollzeitbeschäftigung 37,5 Stunden pro Woche gearbeitet werden, wobei auch hier die 30-minütige Pause nicht angerechnet wird.
Selbst Experten verlieren den Überblick
Ein direkter Vergleich der unterschiedlichen Arbeitszeiten ist allerdings schwierig, weil dabei Sonderregelungen wie bezahlte oder nicht bezahlte Dienstreisen und eventuelle Gehaltsunterschiede etc. ebenfalls berücksichtigt werden müssten. Dass man in diesem Wirrwarr an Regelungen schon einmal den Überblick verlieren kann, zeigte in diesem Zusammenhang so mancher von der Redaktion befragter Experte. (wpa-gübi)
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