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Barrosos Chancen auf Wiederwahl steigen

Die Chancen von EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso auf Wiederwahl für eine zweite Amtszeit an der Spitze der EU-Behörde sind am Mittwoch deutlich gestiegen.
Barroso stellt sich seinen Kritikern

Der sozialdemokratische Vizefraktionschef Hannes Swoboda (S) kündigte nach einer Aussprache Barrosos mit seiner Fraktion in Brüssel an: “Ich gehe davon aus, dass die Enthaltung die wahrscheinlichste Entscheidung der Fraktion ist.”

Barroso braucht für eine Wiederwahl nach dem geltenden EU-Vertrag nur eine einfache Mehrheit unter den 736 Abgeordneten. Endgültig würden sich die Sozialdemokraten erst am Dienstag, nach der Rede Barrosos vor dem EU-Parlament, entscheiden, sagte Swoboda. “Barroso kriegt wahrscheinlich die Mehrheit von Mitte-Rechts mit ganz Rechts”, sagte Swoboda. In der EVP-Fraktion hieß es zuvor, man rechne mit 360 bis 380 Ja-Stimmen für den konservativen Portugiesen. Eine Mehrheit für eine Abstimmung des Europaparlaments über Barroso Mitte nächster Woche sei anzunehmen, sagte Swoboda. Die Fraktionschefs des EU-Parlaments wollen die Tagesordnung am (morgigen) Freitag festlegen.

SPÖ-Delegationsleiter Jörg Leichtfried betonte ebenfalls, es wäre “vernünftig”, wenn sich die österreichischen SPÖ-Europaabgeordneten enthielten. Diese Entscheidung sei “eine vorläufige”. Unzufrieden mit Barroso zeigte sich unterdessen der Vorsitzende der Europäischen Sozialdemokraten, Poul Nyrup Rasmussen. Die Antworten des EU-Kommissionspräsidenten im Hearing vor den sozialdemokratischen Europaparlamentariern seien “völlig unzureichend” gewesen, kritisierte er. Barroso habe ein klares “Nein” für einen neuen europäischen Rettungsplan zur Beschäftigung und gegen Arbeitslosigkeit gegeben. Barroso habe bei der Anhörung jedenfalls keine weiteren Versicherungen abgegeben, die Finanzkrise und ihre Ursachen zu bekämpfen.

Barroso sei den Sozialdemokraten in einigen Punktern entgegengekommen, “aber nicht genug um ihn zu wählen”, sagte Leichtfried. So habe der Kommissionspräsident eine Ergänzung der Entsende-Richtlinie versprochen, wonach die Personenfreizügigkeit nicht vor sozialer Absicherung gehen soll. Außerdem habe er sich für eine Stärkung der sozialen Marktwirtschaft und eine Aufwertung der Sozialpartner ausgesprochen, sagte der SPÖ-Delegationsleiter. Bei strittigen Gesetzesvorhaben wie der Reform der Arbeitszeit-Richtlinie wolle Barroso künftig eine soziale Folgenabschätzung vornehmen.

Der 53-jährige Portugiese, der die EU-Kommission seit 2004 führt, wollte am Mittwoch auch bei den Liberalen und den Grünen für Unterstützung werben. Die Liberalen wollen im EU-Parlament durchsetzen, dass Barroso noch ein zweites Mal von den Abgeordneten bestätigt werden müsste, sollte der Lissabon-Reformvertrag nach einem zweiten Referendum in Irland am 2. Oktober doch in Kraft treten.

Scharfe Kritik übte Swoboda an mangelnder Unterstützung von sozialdemokratisch geführten Regierungen. In mehren Ländern, wo es sozialdemokratische Regierungschefs gebe, hätten diese die Bestellung der Kommission “ein bisschen verbockt”, sagte er. Die Sozialdemokraten im EU-Parlament hätten sich oft von ihren Regierungen alleingelassen gefühlt, wenn es darum gegangen sei, Druck auszuüben. Entscheidend sei nun die Kompetenzaufteilung in der nächsten EU-Kommission. Eine “starke sozialdemokratische Handschrift” forderte Swoboda etwa für die Ressorts Binnenmarkt und Wettbewerb. Ein “ganz wichtiger Punkt” sei auch die Besetzung des künftigen EU-Außenbeauftragten.

Außenminister Michael Spindelegger (V) drängt unterdessen auf eine rasche Klärung bezüglich der Ressort-Zuständigkeit Österreichs in der neuen EU-Kommission. “Jetzt ist die Zeit gekommen, auch mit dem Kommissionspräsidenten – und ich gehe davon aus, es wird Jose Manuel Barroso sein – die Frage zu erörtern, welches Dossier Österreich bekommt”, sagte er. Spindelegger kündigte an, er werde diesbezüglich am Donnerstag mit Bundeskanzler Werner Faymann (S) zusammentreffen. Namen wollte Spindelegger keine nennen. Der frühere Vizekanzler Wilhelm Molterer (V) wäre dabei aber zweifellos “einer der guten Kandidaten, die Österreich hat”, sagte er auf Nachfrage.

Leichtfried regte an, dass mit der nächsten Europawahl auch eine Vorentscheidung über den Kommissarsposten fallen sollte. So könnten die Spitzenkandidaten der Parteien zur Wahl für diese Funktion stehen, sagte er. Derzeit werde die Diskussion in Österreich “falsch geführt, in Unkenntnis von Ressorts und Wünschen”.

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