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Neues von Heinz: "Die bunten Fahnen gehen über die Welt

Ja, es gibt sie noch immer: Heinz aus Wien, jene drei nun nicht mehr ganz so jungen Herren, mit denen (man muss das nicht verheimlichen) die Pop-Intelligenzija immer ihre liebe Not hatte.

Die aber, wohin es sie im Land mit dem A auch verschlug, nahezu ausnahmslos in ausverkauften Clubs spielten. Gerade deswegen können die Drei nun bereits auf über mehr als zehn erfolgreiche Jahre im Business zurückblicken und es sich leisten, nach Konzerten an ihre Fans Haarbürsten aus Wildschweinborsten zu verkaufen. Wer so was los wird, hat wirkliche Fans. Und wird auch ein Album überleben, auf dem sich (neben zwölf anderen auch) ein Song namens „Unsere Tage sind gezählt“ findet. Ein solcher ist Heinz aus Wien auf ihrem neuen Longplayer „Die bunten Fahnen gehn über die Welt“ passiert. Doch das hat nichts zu bedeuten. Ist – wie manches bei Heinz – bloß verspielte, vieldeutige Koketterie.

Und darum geht es Heinz nämlich in allererster Linie. Um die Freude an der Sache. In zweiter Linie um ein Spielen mit lustigen Effekten, Backing Vocals vor einfachen, eingängigen Melodien. „Augen auf und durch“ heißt es gewohnt hymnenhaft gleich zu Beginn. „Die Konstante heisst Veränderung“ – druckvoller Powerpop dennoch immer noch. Unverkennbar Heinz. Die leicht leiernden Gesangsharmonien Michi Gaissmaiers, die trotz melancholischem Grundton nie ins Lamento abrutschen. Hier könnte jeder mitsingen, ins Reimen einstimmen. Nicht nur, weil viel von der „allerältesten Geschichte“ die Rede ist („Hat ein jeder schon erlebt / Und immer wieder mal aufs Neue / Happy Enden angestrebt“). Sondern weil Heinz in ihrer poppigen Unzulänglichkeit wunderbar angreifbar bleiben. Mit gebrochenen Phrasen um sich werfen und eine richtig schweinerockende Live-Partie sind.

Zur ersten Single „Mein ganzes Herz“ kann man – use your illusion! – die Heinz-Fans schon vor Erscheinen schwitzen und Bier verschütten sehen. Ungewohnt tanzbar im Beat trägt sie einen leichtfüßig in höhere Sphären (oder ganz nach vorne vor die Bühne). Im versteckten Zitat (”Dein ist mein ganzes Herz“) erweisen Heinz Richard Tauber, einem der erfolgreichsten deutschen Sänger im Berlin der 1920er Jahre (Wikipedia weiß bei Bedarf mehr), die Ehre. Versteckt eben, denn vordergründig dreht sich in 136 Beats per Minute alles um eine heftig beschworene, alles vereinnahmende Leidenschaft. „Stunde um Stunde um Stunde um Stunde / Tag für Tag für Tag für Tag“ – ein die Augenblicklichkeit verklärendes Mantra der jungen, unbändigen Liebe.

Sonst? – Klar, Global Player wird Heinz aus Wien keiner mehr. Dazu sind Michi Gaissmaier (Gesang & Gitarre), Conny Dix (Bass) und Bernd Jungmair (Schlagzeug) auch viel zu sehr die Herzschmerzspekulanten, die man in all den Jahren irgendwie lieb gewonnen hat. Dafür sind Heinz heute erstmals eine richtige Indie-Band, machen alles selbst, lassen sich von niemandem dreinreden, veröffentlichen „Die bunten Fahnen gehen über die Welt“ auf ihrem eigenen Label „Herr Heinz Records“. Schöne Sache. Runde Sache.

(Text: Thomas Weber)

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