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Neues Element Of Crime-Album und Konzert: "Sich das Leben schön trinken"

Element of Crime-Sänger Sven Regener (r.) und Gitarrist Jakob Friderichs (alias Jakob Ilja) beim Gig im Burgtheater
Element of Crime-Sänger Sven Regener (r.) und Gitarrist Jakob Friderichs (alias Jakob Ilja) beim Gig im Burgtheater ©APA
"Lieblingsfarben und Tiere" - so heißt die lang erwartete neue Element of Crime-Platte. Nie zuvor mussten Fans von Element of Crime so lange auf ein neues Machwerk der Berliner Folkrocker warten. Auch ein Konzert im Wiener Gasometer steht an.
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“Fünf Jahre, da hat man sich schon ein bisschen gehen lassen”, sagt Sven Regener – und scherzt natürlich. Die vielen Projekte der vier Element of Crime-Musiker – nicht zuletzt Regeners Romanerfolge – sind bekannt. Als Entwarnung erscheint am Freitag das 13. Studioalbum “Lieblingsfarben und Tiere” (Universal).

Umtriebig: Musiker und Autor Sven Regener

“Das ist natürlich ein bisschen erschreckend, wenn man sich überlegt: Ich bin jetzt 53 Jahre, alle fünf Jahre eine Platte. Da kann ich mir ausrechnen, wie viel wir noch machen”, sinniert der Frontmann der Rockband im APA-Gespräch. “Da muss man aufpassen, dass man nicht zu sehr abschlafft.” Wenn der Frontmann und Sänger abseits der seit 1985 bestehenden Band eben Romane wie die “Herr Lehmann”-Reihe oder zuletzt “Magical Mystery” veröffentlicht, Gitarrist Jakob Ilja und Schlagzeuger Richard Pappik Filmmusik komponieren und Bassist David Young andere Musiker produziert, wird der Abstand zwischen den Alben naturgemäß größer.

30-jähriges Band-Jubiläum

Die Angst der Fans um ihre Band kurz vor deren 30-jährigen Jubiläum im kommenden Jahr ist aber unbegründet. “Wir machen das schon so lange, weil das so toll ist, und nicht, weil wir nichts anderes wüssten”, sagt Regener, der so lange Musik machen will, wie es nur geht. “Das ist ja auch ein Phänomen beim Rock’n’Roll: Die Leute sterben in den Stiefeln, das ist auch gut so.” Das runde Jubiläum wird aber ebenso wenig gefeiert wie die zuvor. “Wir hatten nie vor, das so lange zu machen – im Gegenteil, das ist fast ein bisschen unsexy”, so Regener. Nicht, dass sie sich der Bedeutung nicht bewusst wären. “Man ist nun länger zusammen als man nicht zusammen war”, sagt Jakob Ilja. “Das andere kann da nicht mithalten. Definitiv nicht.”

Neues Album: “Lieblingsfarben und Tiere”

Dass noch nicht an Aufhören zu denken ist, hört man auch dem neuen Album an: Die zehn Songs auf “Lieblingsfarben und Tiere” klingen nach Spaß am gemeinsamen Musikmachen, nach Liebe und dem Festhalten ebendieser, nach Bier und Zigaretten, nach Aufbruch und Treiben lassen zugleich – und nach dem Meer. Da reihen sich die verschrobensten Liebeslieder an Rock’n’Roll-Nummern zum Schunkeln, vorgetragen von Regener in gewohnt norddeutscher Lässigkeit und untermalt von Trompete, dann Mundharmonika, Mandoline, Akkordeon oder Hammondorgel. Das klingt wie gehabt, aber das ist auch das Schöne: Element of Crime hören ist wie Nachhausekommen, wissen Fans. Experimentieren sei da weniger der Ansatz, sagt Ilja. “Lieder haben ja auch ein Eigenleben, sind nicht kopfgesteuert, die appellieren auch an einen, sprechen zu einem, und wenn man darauf hört, erzählen sie einem auch was.”

Highlights der neuen Element Of Crime-Platte

Gerade dann, wenn die Klanglandschaft am vertrautesten klingt, setzen wie beim stoisch gesungenen “Dunkle Wolke” plötzlich die Streicherarrangements von Orm Finnendahl ein. Gerade dann, wenn die Romantik ihren Höhepunkt erreicht, bricht der Poet Regener sie mit schrägen Alltagsszenarien: “Hauptsache Liebe und Hauptsache du” singt er in “Rette mich (vor mir selber)”, ehe er vom Schulkind erzählt, das wie ein Backenhörnchen am Erdbeermarmeladenbrot kaut. Und in “Schade, dass ich das nicht war” will er für die Geliebte gar Supermarkt-Blumen, Tankwart und ein Schwimmbad im Sommer sein.

“Sich das Leben schön trinken”

“Romantik ist ja nicht Realität, sondern was man daraus macht. Im richtigen Leben kann alles romantisch sein, wenn man das erkennt oder versucht zu erkennen, wenn man es sich sozusagen schön trinkt”, sagt der gebürtige Bremer. “Dafür ist die Kunst da: sich mit der Existenz und dem Leben, in dem wir uns vorfinden, zu versöhnen, indem sie die Dinge verschönert, versilbert, ihnen eine Aura gibt.” Die Aura eines weiteren begnadeten Songwriters findet sich rein zufällig am Album. “Wenn du sie siehst, grüß sie von mir” heißt es im düster angehauchten “Liebe ist kälter als der Tod”. Angesprochen auf die Textzeile, die verdächtig an Bob Dylans “If you see her, say hello” erinnert, lacht Regener. “Das ist mir einfach passiert”, sagt er. Sie alle würden eben Liebeslieder schreiben, “da kommt man schon mal auf Ideen wie die”.

Wenn das soziale Leben zuviel wird

Allzu viel muss man dann auch nicht hineininterpretieren in die Regener’schen Ideen. So ist das titelgebende “Lieblingsfarben und Tiere” weniger als Technologiekritik, denn als “Lied über’s Abhängen” zu verstehen – auch wenn Handy, Internet & Co darin abgeschworen wird. “Da sagt einfach jemand: An diesem Tag möchte ich meine Ruhe haben, an Lieblingsfarben und Tiere, Dosenravioli und Buch denken”, so Regener. “Das Gefühl kennt man einfach, wenn man überfordert ist von dem sozialen Leben, das man hat.”

Live im Gasometer: Element of Crime

Überfordernd auch das Tourleben, in das sich Element of Crime demnächst stürzen – wäre es mittlerweile nicht geradezu “luxuriös”. “Wir könnten nicht mehr so touren wie in den 80er Jahren, das schaff ich nicht mehr”, so Regener. “Die Leber hab ich nicht mehr, die körperliche Kraft hab ich nicht mehr, und auch psychisch würde ich das nicht mehr aushalten, im Heartbreak Hotel Pension Erika mit Klo auf dem Gang. Und die Sachen selber aufbauen.” Am 21. Februar 2015 wird für das vorerst einzige Österreich-Konzert auch im Gasometer in Wien aufgebaut.

Mehr zu Element of Crime finden Sie hier.

(Das Gespräch führte Angelika Prawda/APA.)

(apa/red)

 

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