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Neue Belvedere-Chefin Stella Rollig will Profil der Standorte schärfen

Die neue Belvedere Chefin Rollig zu ihren künftigen Unternehmungen
Die neue Belvedere Chefin Rollig zu ihren künftigen Unternehmungen ©APA
Mit dem Ziel, das Profil der verschiedenen Standorte zu schärfen, wird die neue wissenschaftlich-künstlerischen Leiterin der Österreichischen Galerie Belvedere, Stella Rollig, ihr Amt am 16. Jänner 2017 antreten.

Ihr zur Seite der Doppelspitze steht zudem der neue wirtschaftliche Leiter Wolfgang Bergmann. Neugierde, Haltung und die Entwicklung einer Vision seien die Säulen, auf denen ein Museum der Zukunft stehen müsse, so die künftige Belvedere-Chefin Stella Rollig.

Neue Belvedere-Chefin Rollig will Profil der einzelnen Häuser schärfen

“Das 21er Haus soll noch deutlicher Kunst seit den 1960ern bis zur zeitgenössischen Kunst zeigen”, so Rollig, die eine “Beruhigung und Klärung” bei der Zahl und Dauer der Ausstellungen in Aussicht stellte. Während das Untere Belvedere seinen Schwerpunkt auf der Kunst des 19. Jahrhunderts behalten solle, werde man in der Orangerie einen Schwerpunkt auf die Beziehungen Österreichs zu Mitteleuropa legen. Was mit dem Ambrosi-Museum im Augarten geschehe, lass sich noch nicht sagen, da müsse sie sich erst die Vertragsgrundlage mit der ebenfalls am Standort beheimateten TBA21 ansehen.

Winterpalais als Ausstellungsstandort keine Zukunft

Das Winterpalais als Ausstellungsstandort des Belvedere dürfte indes ab Ablauf der für 2017 geplanten Schauen Geschichte sein. “Wenn jemand dafür verantwortlich ist, bin es ich – nicht die Frau Rollig”, stellte Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) klar. Das Finanzministerium habe den Mietvertrag für die Räumlichkeiten gekündigt und entscheide über die künftige Verwendung: “Ich habe dafür gekämpft, ich habe es ungern zur Kenntnis genommen, aber es war Teil eines Budgetkompromisses. Dass der Kulturminister immer gerne mehr Ausstellungsräume als weniger hat, ist ja keine Frage.”

“Museum kann sich nicht auf Ausstellungen beschränken”

Ein Museum dürfe nie die Bereitschaft aufgeben, von anderen zu lernen und sich auch positionieren, beschied indes die künftige Belvedere-Chefin Rollig: “Ich meine, dass Museumsarbeit klar von einer politischen, ethischen Haltung grundiert sein muss.” Dazu gehöre auch, eine Vision zu entwickeln für eine Welt, in der wir leben wollen. So könne man nicht nur das althergebrachte Erbe verwalten: “Es muss auch das Erbe zukünftiger Generationen gestaltet werden.” Dazu gehörten für sie Fragen wie: “Was ist die österreichische, kulturelle Identität im Gefüge der heutigen globalisierten Welt?” Das Museum müsse heute als “Content-Provider” auftreten und wie ein Medienunternehmen verschiedenste Plattformen bespielen: “Ein Museum kann sich nicht darauf beschränken, Ausstellungen zu machen.”

Bergmann: “Neue Herausforderungen annehmen”

Auch der neue wirtschaftliche Leiter Wolfgang Bergmann zeigte sich erfreut, nach Tätigkeiten für die Erzdiözese Wien und die Tageszeitung “Der Standard” nun einen neuen Bereich für sich zu erschließen: “Nach 17 Jahren ist es durchaus auch einmal Zeit, neue Herausforderungen anzunehmen.” Er sehe seine Hauptaufgabe als Geschäftsführer im Wesentlichen darin, die künstlerischen Visionen seines Pendants zu ermöglichen. “Das wird in Zeiten knapper Haushalte nicht immer ganz leicht sein”, so Bergmann. Auf die Zusammenarbeit mit Stella Rollig freue er sich in jedem Falle, beschied der künftige Museumsmitarbeiter in Richtung Kulturminister Drozda: “Ich muss das Kompliment an die Partnervermittlung machen – bei unserem ersten Date ist der Funke übergesprungen.”

Ex-Lentos-Chefin gilt als Expertin für zeitgenössische Kunst

Mit Stella Rollig übernimmt eine ausgewiesene Expertin für zeitgenössische Kunst die Leitung des Belvedere. Seit 2004 steht sie dem Linzer Kunstmuseum Lentos vor. Im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin Agnes Husslein-Arco ist sie wenig “Seitenblicke”-affin. Kritik musste sie zwar immer wieder wegen magerer Besucherzahlen einstecken, sie gilt aber als sehr korrekt und akribisch.

Die am 5. Juli 1960 in Wien geborene Rollig begann ihre Laufbahn als Kulturjournalistin, arbeitete beim ORF-Hörfunk und in der Kulturredaktion des “Standard”. 1994 gründete sie das “Depot – Kunst und Diskussion” im Wiener Museumsquartier, von 1994 bis 1996 war die studierte Germanistin und Kunsthistorikerin österreichische Bundeskuratorin für bildende Kunst. Für die steiermärkische Landesausstellung “Verkehr” 1999 kuratierte sie die zeitgenössische Kunst, es folgten Arbeiten für das O.K. Centrum für Gegenwartskunst (heute OÖ. Kulturquartier, Anm.) in Linz sowie für den Steirischen Herbst.

Husslein war als Lentos-Nachfolgerin im Gespräch

2004 beerbte sie Peter Baum als Chefin des Linzer Kunstmuseums Lentos. Die Neue Galerie der Stadt Linz war erst ein Jahr zuvor in das neue Haus an der Donaulände übersiedelt. Von Beginn an hatte Rollig mit einem Problem zu kämpfen: laues Interesse an der zeitgenössischen Kunst. Vor allem in der Anfangsphase wurde ihr oft vorgeworfen, dass das Lentos zu wenig sichtbar sei, die Besucherzahlen seien zu niedrig. Sie selbst beklagte, dass der ästhetische Glasbau mit seiner auffälligen Lichtfassade nur wenig Möglichkeiten biete, um zu zeigen, was sich im Inneren abspielt.

Bereits ein Jahr nach Rolligs Amtsantritt machten Gerüchte um ihre Ablöse die Runde. Ausgerechnet Agnes Husslein – damals Chefin des Salzburger Museums der Moderne – war als Nachfolgerin im Gespräch. Dennoch hielt sich Rollig wacker und blieb konsequent bei ihrer Linie. Es gelang ihr auch immer wieder, über Linz hinaus beachtete Ausstellungen auf die Beine zu stellen.

Große Erfolge ab 2006

2006 landete sie mit einer Werkschau von Gottfried Helnwein einen großen Erfolg, 2008 mit einer Kokoschka-Ausstellung, und im Kulturhauptstadtjahr 2009 folgte mit “Best of Austria. Eine Kunstsammlung” ein weiterer Publikumsmagnet. “Der nackte Mann” 2012 fand ebenfalls Zuspruch, zum zehnten Geburtstag schmückte sich das Lentos 2013 mit Olafur Eliasson.

Über ihr Privatleben hielt sich die künftige Belvedere-Chefin stets bedeckt. In den Klatschspalten sucht man sie vergeblich. Ihr Auftreten ist leise und zurückhaltend, oft etwas spröde – Marktschreierei ist ihre Sache nicht. Ähnlich lässt sich auch das Programm im Lentos charakterisieren: Es ist für interessiertes Publikum gemacht. Völlig Unbedarften in Sachen zeitgenössischer Kunst ihre Schwellenangst zu nehmen, gelang nicht immer.

Lentos-Altlasten

Kummer war die Lentos-Chefin in ihren Linzer Jahren aber nicht nur wegen kritischer Zurufe aus der Politik gewohnt: Da das Lentos auf die Sammlung des bereits in der NS-Zeit aktiven Kunsthändlers Wolfgang Gurlitt zurückgeht, hatte Rollig immer wieder “Altlasten” aufzuarbeiten: Zum einen waren dies Restitutionsfälle, zum anderen der verlorene Prozess um vier verschwundene Bilder von Klimt und Schiele, für die die Stadt Millionen zahlen muss.

(APA/Red.)

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