Neue Ausstellung zum Thema Zäune, Grenzen, Schlupflöcher
Genauso, nämlich “Where are we now?”, heißt die von Roland Schöny in Alleinregie (“Ich bin Kurator und Kleinunternehmer. Es steht keine Institution dahinter.”) auf die Beine gestellte Schau am sonst als “Angewandte Innovation Laboratory” genutzten Wiener Franz Josefs Kai 3, die am Donnerstagabend eröffnet wird. Laut Untertitel beschäftigt sie sich mit “Raumproduktion, territorialen Grenzen, Migration und transnationalen Fluchtbewegungen in der bildenden Kunst”. Es geht also um virulente Themen und sich zuspitzende politische und gesellschaftliche Herausforderungen, gleichzeitig wird betont, dass das Projekt nicht anlassbezogen entwickelt worden sei, sondern auf ein mehrjähriges Forschungsprojekt zurückgehe.
Die einzelnen Themenstellungen der 14 beteiligten internationalen Künstler sind ebenso verschieden wie ihre Umsetzungen. Peter Weibel hat seinen “Europa(t)raum” bereits 1983 mehr als zweischneidig umgesetzt. Die “Blutflecken” auf in den Raum ragenden riesigen Messerklingen setzen sich nur aus der Perspektive einer exakt justierten Videokamera zu einer Europakarte zusammen. Ruth Schnell hat im 3-D-Drucker Elemente eines Modellbau-Grenzzauns ausgedruckt und diese an einer Wand zu einem modellhaften Abschnitt der Grenze zwischen den USA und Mexiko montiert. Für eine zweiteilige Videoinstallationen, die Grenzabschnitte zeigen, musste sie gar nicht vor Ort: Das Material stammt gänzlich aus Aufnahmen von Google Earth.
Der “Man in Front of the Sea” auf einem Leuchtkasten von Kader Attia scheint sehnsuchtsvoll in die Ferne zu blicken, ein anderes Foto zeigt ein Graffito auf der Grenzmauer zu Gaza: “The hands that build can also tear down”. Ramesch Daha beschäftigt sich mit der transiranischen Eisenbahn als zentrales Narrativ eines Landes, der mongolische Künstler Quin Ga hat sich Mao Zedongs “langen Marsch” auf den Rücken tätowieren lassen, und die schwedischen Musiker Carl Michael von Hausswolff und Leif Elggren haben mit “Elgaland-Vagarland” gleich einen eigenen Künstlerstaat gegründet.
Im dunkelsten Winkel des Untergeschoßes irritiert die Russin Masha Poluetkova mit ihrer Installation “I want to live where I сould be free”: Mit einem Stelenwald errichtet sie den Todesopfern auf den Migrationsrouten ein Denkmal. Die Höhe der einzelnen Quader richtet sich nach der Opferanzahl der jeweiligen Route.
Wertfrei oder gar apolitisch sind die hier behandelten “Fragen der visuellen Darstellung sozialer und geografischer Räume” keineswegs. “Das Projekt rückt jedoch keine These in den Vordergrund”, heißt es. Das wäre wohl auch zu viel verlangt. Denn wer könnte heute schon behaupten, eine Antwort auf die Frage zu haben: “Where are we now?”
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