Nestroy-Preise für "Fräulein Else" und Martin Schwab
Zum Auftakt wurde Burgschauspieler Itay Tiran für seine Nebenrolle in Milo Raus "Burgtheater"-Inszenierung nach Elfriede Jelinek prämiert. Der aus Israel stammende Tiran lieferte das politischste Statement des Abends und widmete seine Dankesrede dem Gedenken an den 7. Oktober 2023 und dem "gnadenlosen Vergeltungskrieg, der Zehntausenden im Gazastreifen das Leben kostete". In Erinnerung an seine Großmutter, die den Holocaust überlebte, sagte er: "Wir haben das nicht überlebt, um ein anderes Volk zu zerstören!" Abschließend dankte er dem Burgtheater: "Ihr habt mir im Exil das Gefühl von Zuhause gegeben."
Julia Riedler für furioses Solo ausgezeichnet
Julia Riedler wurde von der Jury für ihr furioses Solo in der Volkstheaterproduktion "Fräulein Else" nach Arthur Schnitzler ausgezeichnet, in dem sie das nach wie vor verstörende Potenzial des Stoffs entfaltete, wie die Jury beschied. Sie habe "Fräulein Else" seit der Schauspielschule gemeinsam mit Leonie Böhm, die am Sonntagabend für die "Beste Regie" ausgezeichnet wurde, machen wollen, sagte sie in ihrer Dankesrede. Böhm unterstrich in ihrer Dankesrede: "Wie Else denke ich, dass wir alle zusammen die Welt verändern können, wenn wir liebevoll und solidarisch miteinander umgehen."
Gleich zwei Schauspieler aus der Josefstadt-Mammut-Produktion "Das Vermächtnis" waren für die beste männliche Rollendarstellung nominiert, am Ende setzte sich Nils Arztmann gegen Martin Niedermair und die weiteren Nominierten durch. Gekürt wurde er für seine Doppelrolle als Adam und Leo in Matthew López' Generationenporträt rund um eine schwule New Yorker Community. Der Ausgezeichnete betonte die Wichtigkeit des Stücks in einer "Zeit, wo weltweit queere Rechte angegriffen werden".
Ostertags "The Broken Circle" als beste Bundesländer-Aufführung
Der Preis für die beste Bundesländer-Aufführung ging an Theatermagierin Sara Ostertag für die österreichische Erstaufführung von "The Broken Circle" in den Kammerspielen des Linzer Landestheaters. Die Jury würdigte die "emotionale Reise einer Familie im Ausnahmezustand" rund um die Krebserkrankung des Kindes. "Man erzählt in diesem Fall, um gemeinsam zu überleben. Wir konnten unseren Dämon ein Stück zur Seite räumen", so die Regisseurin und TEATA-Direktorin, deren Tochter ebenfalls von Krebs betroffen ist. Der Autor:innenpreis für das beste Stück ging an Eve Leigh für das Stück "Verbranntes Land (Salty Irina)", das am Schauspielhaus Wien zur deutschsprachigen Erstaufführung kam. Sie dankte den "antifaschistischen Aktivisten, auf deren Arbeit das Stück basiert".
Die performative Installation "[EOL]. End of Life - Eine virtuelle Ruinenlandschaft" des Wiener Regieduos DARUM (Victoria Halper und Kai Krösche) im brut Wien wurde heuer nicht nur zum Berliner Theatertreffen eingeladen, sondern setzte sich am Sonntagabend auch in der Kategorie "Spezialpreis" durch. Mit ihrer Stückentwicklung "Die Düntzer Rhapsodie" sicherte sich das Flirty Horse Art Collective (Bianca Anne Braunesberger, Ivan Strelkin, Kasija Vrbanac Strelkin) im Theater Drachengasse den Nestroy für die Beste Off-Produktion.
Nachwuchs-Preise an Großmann und Riemer
Pauline Großmann erhielt für ihre Rolle als Gabriel in "Gabriel" von George Sand am Salzburger Landestheater die Auszeichnung in der Nachwuchs-Kategorie "Schauspiel". "aufstiegskörper. ein fühlversuch." heißt jener Text von Lena Riemer, den das Theater am Werk in Kooperation mit Wiener Wortstaetten zur Uraufführung brachte und der der Autorin den Preis für den besten Nachwuchs in der Kategorie "Autor:in, Kostüme, Regie" bescherte. Die Autorin bedankte sich für eine "Nachwuchsförderung, die Zusammenhalt und nicht Wettbewerb untereinander fördert".
Für das weite Niemandsland, das Philipp Stölzl in Monárs "Liliom" am Burgtheater in Szene gesetzt hat, erhielt der Regisseur und Bühnenbildner gemeinsam mit Franziska Harm und Michael Hofer (Licht) den Nestroy für die beste Ausstattung. Das Schauspielhaus Hamburg punktete in der Kategorie "Beste Aufführung im deutschsprachigen Raum", diesmal mit Anita Vulesicas "Die Maschine oder: Über den Gipfeln ist Ruh" von Georges Perec und Johann Wolfgang von Goethe. Den nach einem Online-Voting vergebenen Publikumspreis erhielt Petra Alexandra Pippan vom Tiroler Landestheater, die in ihrer Dankesrede unterstrich: "Ich glaube immer noch daran, dass es wichtiger ist, mit Menschen zu erzählen statt über Menschen." Lebenswerk-Preisträger Martin Schwab bedankte sich mit einem Gedicht aus dem Mittelalter: "Ich leb und weiß nit wie lang, ich stirb und weiß nit wann, ich fahr und weiß nit wohin, mich wundert das ich so fröhlich bin."
Kulturminister und Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) würdigte in seiner Rede das Theater als "Ort der Vielfalt, Lebensperspektiven und Lebensrealitäten, die auf der Bühne miteinander konfrontiert werden" und schlug eine Brücke zur Politik: "Das sollten wir auch auf der politischen Bühne zeigen. Wir müssen die vierte Wand zu den Bürgerinnen durchbrechen." Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler unterstrich: "Theater ist der Ort, wo wir das Seiende mit dem Denkbaren in Verbindung bringen, wo sich die Ränder zwischen Raum und Realität auflösen." Theater sei ein "Teil der Lösung und nicht des Problems".
(S E R V I C E - )
(APA)
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