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NATO: Afghanistan-Einsatz ausgeweitet

Mit einem robusten Mandat für die Sicherheit der Soldaten weitet die NATO ihren Einsatz in Afghanistan auf den äußerst unsicheren Süden des Landes aus. Dies beschlossen die Außenminister der Allianz in Brüssel.

„Wir werden Frieden für weitere Menschen in Afghanistan bringen, die enorm gelitten haben“, sagte Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer. Zur Frage der Sicherheit der Soldaten erklärte er: „Unsere Truppen werden die geeigneten Mittel haben, um ihre Mission zu erfüllen.“

Zur Ausweitung der Mission im Süden soll das Truppenkontingent von derzeit 9.000 um weitere 6.000 Soldaten aufgestockt werden. Großbritannien plant den Aufbau eines Hauptquartiers in Kandahar. Weitere Truppen für die so genannten Wiederaufbauteams in den Provinzen (PRT) wollen die Niederlande, Kanada und die USA stellen. In den Niederlanden hängt die Entsendung aber noch von einem entsprechenden Parlamentsbeschluss ab. Der Einsatz soll im Frühjahr 2006 beginnen.

Neben der Hauptstadt Kabul ist die NATO derzeit schon im Norden, wo die Deutsche Bundeswehr Truppen stellt, und im Westen des Landes unter italienischer Führung aktiv. Der Süden Afghanistans gilt als wesentlich unsicherer. NATO-Sprecher James Appathurai betonte deshalb, mit dem Mandat hätten die Soldaten „ein Recht, sich auf robuste Art zu verteidigen“. Zu einem späteren Zeitpunkt will die NATO auch in den noch umkämpften Osten Afghanistans vordringen. Konkrete Pläne dazu gibt es bisher aber nicht.

Die USA kämpfen im Süden Afghanistans nach wie vor mit 19.000 Soldaten im Rahmen der Mission „Enduring Freedom“ gegen versprengte Taliban und Al-Kaida-Anhänger. Die US-Mission soll im Zweifel für die Sicherheit der ISAF-Soldaten sorgen, sagte De Hoop Scheffer. Geplant ist generell eine engere Zusammenarbeit zwischen ISAF und den US-Truppen. Dazu soll ein Offizier ernannt werden, der beiden Einheiten vorsteht. Vor allem Frankreich und Deutschland hatten Bedenken gegen die geplante Zusammenlegung der Truppen. Befürchtet wurde, dass NATO-Soldaten direkt in den Kampf gegen die Taliban und Al Kaida einbezogen werden könnten.

Auch mit Blick auf die CIA-Affäre einigten sich die NATO-Staaten zudem darauf, wie ISAF mit Festgenommenen umzugehen hat. Danach muss ein Gefangener normalerweise nach sechs Stunden entweder freigelassen oder den afghanischen Behörden übergeben werden. In Ausnahmefällen sollen 96 Stunden möglich sein. Zudem sollen das Internationale Rote Kreuz oder der Rote Halbmond benachrichtigt werden. Bislang habe die ISAF aber noch niemanden festgenommen, hieß es bei der NATO.

Die NATO ist entschlossen, weiter in Afghanistan engagiert zu sein. „Aber die NATO kann nicht alles allein machen“, sagte De Hoop Scheffer. Er appellierte an die internationale Gemeinschaft, den Friedensprozess dort weiter zu unterstützen. Gelegenheit dazu biete bereits die im Jänner in London geplante Afghanistan-Konferenz.

Die Außenminister verständigten sich bei ihrer Sitzung auch darauf, den nächsten Gipfel der 26 Staats- und Regierungschefs der NATO im Herbst 2006 in Riga, der Hauptstadt Lettlands abzuhalten. Es wird das erste Gipfeltreffen der westlichen Allianz in einer früheren Sowjetrepublik sein. Diplomaten gehen davon aus, dass die Gipfelrunde im November zusammenkommen wird.

Usbekistan boykottierte erneut ein Treffen des euro-atlantischen Partnerschaftsrates am Donnerstag. Auf der Sitzung sollte unter anderem der NATO-Einsatz in Afghanistan, aber auch Menschenrechtsfragen diskutiert werden. Die Beziehungen zwischen der Regierung in Taschkent und dem Ausland sind angespannt, seit usbekische Truppen im Mai einen Aufstand in Andijan im Osten des Landes gewaltsam niederschlugen. Augenzeugen berichten, Soldaten hätten wahllos in die Menge geschossen und 500 Menschen getötet. Usbekische Behörden gaben 187 Tote an, von denen die meisten aus dem Ausland bezahlte Terroristen seien.

Usbekistan war bereits einem Treffen mit den NATO-Verteidigungsministern im Juni fern geblieben. Im November hatte das Land den europäischen NATO-Staaten erklärt, sie könnten künftig nicht mehr von Usbekistan aus Einsätze im benachbarten Afghanistan führen.

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