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Nationalrat: Hitzige Debatte um Impfpflicht

©APA
Die Debatte über die Impfpflicht im Nationalrat, wo am Donnerstag die umstrittene Maßnahme verabschiedet werden soll, hat erwartbar intensiv begonnen.

So wetterte FPÖ-Klubchef Herbert Kickl gleich als erster Redner gegen die Maßnahme, die von den anderen Fraktionen mitgetragen wird. Eine Ausnahme gibt es bei den Grünen. Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) trat noch einmal falschen Behauptungen zur Impfung selbst entgegen.

Mückstein: "Impfmythen hinterfragen"

Mückstein versuchte in seiner ersten Meldung zum Thema, Zweifel an der Impfung selbst auszuräumen. "Alle Evidenz spricht dafür, dass alle in Österreich erhältliche Präparate sicher sind", betonte er nach von der freiheitlichen Fraktion gestreuten Zweifel. Die Covid-19-Schutzimpfung sei sicher, man brauche eine hohe Durchimpfungsrate, um das Virus einzudämmen. Gegenteilige Behauptungen dienten auch dazu, die Gesellschaft zu spalten, das Verbreiten von Fake News sei gefährlich. "Ich appelliere an jede Bürgerin und Bürger, Impfmythen zu hinterfragen", so Mückstein.

Kickl: "Einführung des Gesundheitskommunismus"

"Ich bin entsetzt, ich bin fassungslos, ich bin erschüttert und ich bin schockiert", hatte zuvor Kickl die Debatte eröffnet und fuhr nicht weniger dramatisch fort: Mit der Maßnahme werde dem Totalitarismus der Weg bereitet, es handle sich um die "Einführung des Gesundheitskommunismus". Der FPÖ-Obmann zeigte sich auch sicher, dass die Gegner der Impfpflicht im Nationalrat zwar in der Minderheit seien, nicht aber außerhalb des Hohen Hauses, wo man das Gesetz durch Behördenwege und Wahlen kippen werde: Die Regierung werde ihrer "gerechten Strafe" nicht entkommen, glaubt Kickl.

Maurer: "Schämen Sie sich!"

Ebenso intensiv wurde der Ton fortgesetzt. Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer meinte in Richtung Kickl: "Schämen Sie sich!" Das Verhalten des Freiheitlichen sei "absolut zynisch", dessen Politik Schuld an der niedrigen Impfquote. "Die Impfung ist auch ein Siegeszug der Wissenschaft gegen die Leugnung von Fakten und Empirie", entgegnete Maurer zudem. Man sei heute im Hohen Haus versammelt, um den Ausweg aus der Pandemie zu beschreiten, befand die grüne Klubobfrau.

Saxinger schämt sich fremd

Werner Saxinger von der ÖVP fühlte sich durch die Redebeiträge der Freiheitlichen an das Jugendwort des vergangenen Jahres erinnert, wie er sagte: Cringe. Dieses sei ein Ausdruck fürs Fremdschämen, erklärte er. Er habe viel Verständnis für die Ängste der Menschen, beteuerte der Mediziner. Man habe aber mittlerweile 14.000 Covid-Tote "und das ist sehr traurig". In der öffentlichen Debatte würden Hausverstand und Wissenschaft als Konkurrenten dargestellt, obwohl dies nicht vergleichbar sei. Es würden sich auch oft Widersprüche ergeben, "aber die Wissenschaft lügt nicht" so Saxinger.

Rendi-Wager: "Leider notwendig geworden"

SPÖ-Obfrau Pamela Rendi-Wagner betonte die sensible, aber wichtige Entscheidung, die am Donnerstag im Plenum getroffen wird. Vieles sei in den vergangenen Jahren falsch gelaufen und verabsäumt geworden, weswegen die Impfrate noch immer viel zu niedrig sei. "Die verpflichtende Schutzimpfung gegen Corona, die wir uns alle nicht gewünscht haben, ist leider notwendig geworden", erklärte sie die Entscheidungsgrundlage für ihre Fraktion.

Meinl-Reisinger: "Umfassende Müdigkeit"

Auch Beate Meinl-Reisinger machte es sich offensichtlich nicht leicht. Man sei mittlerweile durch eine "umfassende Müdigkeit" geeint, die vergangenen Jahre seien enorm anstrengend gewesen, weswegen es wichtig sei, diese Zeiten endlich hinter sich zu bringen. Nie wieder dürfe es zu Freiheitsbeschränkungen kommen, wie sie es durch die vergangenen Lockdowns gegeben habe. Auch Meinl-Reisinger kritisierte - wie viele ihrer Vorredner und Vorrednerinnen unterschiedlicher Fraktionen - die "Agitation" der Freiheitlichen gegen die Impfung.

Fehlende Grüne

Die grüne Abgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic ist der Sitzung ferngeblieben, weil sie der Vorlage nicht zustimmen will. Sonst unterstützen alle Abgeordnete des Klubs die Impfpflicht ausdrücklich, ebenso alle Grünen Regierungsmitglieder, der Bundesvorstand sowie alle Landesorganisationen der Grünen, hieß es in einer Stellungnahme des Parlamentsklubs: "Wir wissen, dass die Impfung sicher ist und wirkt. Sie schützt unsere Gesundheit und die unserer Mitmenschen." Die aktuelle Durchimpfungsrate in Österreich sei noch zu gering, um mögliche weitere Wellen ohne weitere Lockdowns zu überstehen.

Abweichler bei SPÖ und NEOS

Bei der ÖVP dürften alle Abgeordneten zustimmen, bei der SPÖ könnte es einzelne Abweichler geben, als Kandidat galt Sozialsprecher Josef Muchitsch, bei den NEOS werden fix drei bis vier Mandatare gegen die Impfpflicht votieren. Seitens der Freiheitlichen wird es geschlossene Ablehnung geben. Mehr als zehn Abgeordnete waren bei der heutigen Sitzung entschuldigt, einige sind in Corona-Quarantäne, bei manch anderem wird das Fernbleiben mit der Impfpflicht in Verbindung gebracht. Einschlägig geäußert hat sich bisher aber nur Ernst-Dziedzic.

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