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Nationalrat beschließt Reformen von Rauchen über Sackerl bis Pflege

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Rauchen in der Gastronomie wird ab November untersagt. Ausgenommen sind nur noch Gastgärten oder Ähnliches. Die FPÖ stimmte Dienstagmittag im Nationalrat als einzige Fraktion gegen den Beschluss und warnte vor einer Belastung der Wirte. SPÖ und Liste JETZT verknüpften den Beschluss mit Kritik an der abgewählten Regierung.

Hocherfreut zeigten sich die Initiatoren des Nichtraucherschutz-Volksbegehrens "Don't smoke", Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres und Krebshilfepräsident Paul Sevelda. "Wir danken allen Unterstützern, die uns auf dem steinigen Weg zu diesem Gesetz geholfen und sich für die Sache hoch motiviert eingesetzt haben", erklärten Szekeres und Sevelda in einer Aussendung. "Ohne die Unterstützung von knapp 900.000 Österreicherinnen und Österreichern wäre dies wohl nicht möglich gewesen - 'Don't smoke' war ein voller Erfolg."

Eigentlich hätte das Rauchverbot schon seit 1. Mai des Vorjahres gelten sollen. ÖVP und FPÖ kippten es aber kurz vor dem Inkrafttreten wieder aus dem Gesetz. Nun - nach dem Scheitern der türkis-blauen Koalition - wird es mit 1. November 2019 eingeführt.

Auch Zeltfeste betroffen

Damit ist das Rauchen künftig an allen öffentlichen Orten verboten, wo Speisen und Getränke hergestellt, verarbeitet, verabreicht oder konsumiert werden. Darunter fallen auch Versammlungen in Pfarrsälen und Feuerwehrfeste, Festzelte, Mehrzweckräumlichkeiten sowie schulische Einrichtungen und Freiflächen, in denen Kinder und Jugendliche beaufsichtigt und beherbergt werden (z.B. Internate). Das Verbot gilt auch für Shishas und E-Zigaretten.

Die FPÖ stimmte als einzige Partei gegen den Antrag und warnte vor einer Belastung der Wirte. Abgeordneter Peter Wurm sieht seine Partei als das "kleine gallische Dorf" im Kampf gegen das Rauchverbot. "Es schaut so aus, dass die Puritaner, die Pharisäer und die politisch Korrekten das lange Ringen gewonnen haben", kritisierte Wurm. Wer im Beisl weiterhin eine Zigarette oder Pfeife rauchen wolle, müsse am 29. September die FPÖ wählen. Auch die Freiheitliche Wirtschaft (FW) bedauerte via Aussendung die Zustimmung der ÖVP zum generellen Rauchverbot in der Gastronomie. Gabriela Schwarz von der ÖVP meinte dagegen, als ehemalige Kettenraucherin wisse sie, wie einfach der Einstieg ins Rauchen sei und wie schwierig es sei, sich wieder davon zu lösen.

"Politischer Freudentag"

"Heute ist ein politischer Freudentag", befand SP-Chefin Pamela Rendi-Wagner und dankte den ÖVP-Abgeordneten für ihren Schwenk. Denn die abgewählte Regierung habe den Rat der Experten ignoriert. Nun gelinge "nach 18-monatiger politischer Ignoranz" ein Beschluss, der die Gesundheit hunderttausender Österreicher verbessern werde. "Wir beseitigen damit eine der absurdesten Hinterlassenschaften der abgewählten rechtskonservativen Regierung", befand auch Liste JETZT-Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber. Für die NEOS wies Gerald Loacker Bedenken gegen einen Eingriff in das Eigentum der Wirte zurück. Denn ein Unternehmer habe die Pflicht, seine Mitarbeiter vor den "Folgen des Qualms" zu schützen. Gesundheitsministerin Brigitte Zarfl dankte für die breite Unterstützung für den Nichtraucherschutz.

Glyphosat: FPÖ stimmt Totalverbot zu

Die FPÖ wird bei der Abstimmung im Nationalrat am Dienstagnachmittag dem Totalverbot des umstrittenen Pflanzenschutzmittels Glyphosat zustimmen. Das kündigte die Partei via Aussendung an. Der Antrag der SPÖ sieht vor, dass der Einsatz des Pflanzenschutzmittels in Österreich komplett untersagt wird.

"Wir haben uns natürlich die europarechtlichen Bedenken im Detail angesehen und verstehen in diesem Zusammenhang auch die Sorgen der Landwirtschaft. Letztendlich muss aber die Gesundheit der Menschen im Vordergrund stehen. Die Landwirtschaft muss jedenfalls beim Glyphosat-Ausstieg unterstützt werden", meinte FPÖ-Klubobmann Norbert Hofer. Die Abstimmung erfolgt frühestens am Nachmittag.

Verbot könnte EU-Recht widersprechen

Das generelle Verbot von Glyphosat könnte EU-Recht widersprechen. Denn in der EU-Pflanzenschutzverordnung, die auch für Österreich gilt, ist der Einsatz von Glyphosat nämlich noch bis Ende 2022 erlaubt. Die einzelnen Mitgliedsländer - oder auch Regionen - können nur in absoluten Ausnahmefällen ein Verbot von zugelassenen Wirkstoffen verhängen. Zuletzt ist etwa Kärnten mit einem Totalverbot gescheitert.

Auch der Österreichische Verbots-Beschluss könnte für rechtswidrig erklärt werden. "Die Entscheidung der EU können wir nicht beeinflussen. Wir denken aber, dass wir mit unserer Entscheidung den größtmöglichen Schutz der heimischen Konsumentinnen und Konsumenten sichergestellt haben", meinte Hofer.

ÖVP-Antrag chancenlos

Mit der Festlegung der FPÖ ist der zweite zu dem Thema vorliegende Antrag chancenlos. Diese von der ÖVP getragene Initiative sieht ein Verbot bloß in öffentlichen Parks oder Gärten, Friedhöfen, Sport- und Freizeitplätzen, Schwimmbädern, Schulgeländen oder auf Kinderspielplätzen sowie in unmittelbarer Nähe von Gesundheitseinrichtungen vor. Das heißt, die Landwirtschaft wäre nicht betroffen.

Unterdessen demonstrierte die Umweltschutzorganisation Greenpeace Dienstagvormittag vor dem Parlament in der Hofburg für ein österreichweites Glyphosat-Verbot. Aktivisten in Schutzanzügen und mit Atemmasken und Giftspritzen forderten das Aus des Unkrautvernichters in Österreich. Greenpeace sieht keine rechtlichen Probleme für ein nationales Verbot. Der SPÖ-Antrag ist rechtskonform, betonte die Umweltschutzorganisation. Denn der Antrag sieht die Möglichkeit eines Einspruchs der Europäischen Kommission im Rahmen der sogenannten "Notifizierung" vor. Demnach würde das vollständige Verbot in Österreich erst nach offizieller Zustimmung der Europäischen Kommission in Kraft treten. Die Europäische Kommission selbst hatte in der Vergangenheit mehrfach zugesichert, dass nationale Verbote von glyphosathaltigen Pestiziden rechtlich möglich sind, betonte Greenpeace in einer Aussendung.

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Wien. Dazu kommen Einschränkungen für das Pflanzenschutzmittel Glyphosat, wobei sich letztlich eine Schmalspurvariante durchsetzen dürfte, die den weiteren Einsatz in der Landwirtschaft ermöglicht. Weiters auf der Agenda steht ein Antrag, die Karenzzeiten künftig vollständig bei Lohnvorrückungen und ähnlichem anzurechnen. Der Rechtsanspruch auf einen Papa-Monat hat ebenfalls Chancen auf Realisierung. Fix ist, dass für einen weiteren Ausbau von Ganztagesschul-Angeboten finanziell vorgesorgt wird. Schließlich dürfte es höhere Mindestpensionen für Personen mit langen Arbeitszeiten geben.

Partnerbörse im Nationalrat

Erst am Mittwoch steht dann die umstrittene Reform der Parteienförderung an. Ferner erst am zweiten Plenartag finden sich etwa die Zusammenlegung von Taxi- und Mietwagen-Gewerbe ("Lex Uber") sowie ebenso umstrittene Änderungen im gemeinnützigen Wohnbau.

(APA)

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