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Nationalbibliothek zeigt "Medizin im Wandel der Zeit"

Gesundheitsratgeber gab es bereits im Mittelalter
Gesundheitsratgeber gab es bereits im Mittelalter ©APA/ÖNB
Gesundheitsratgeber füllen heute etliche Regalmeter im Buchhandel. Sie sind allerdings keine Erfindung der Moderne: Bereits im Mittelalter gaben Adelige und wohlhabende Bürger bebilderte Hausbücher zur gesunden Lebensführung in Auftrag. Ein solches Vademecum, ein um 1400 datiertes sogenanntes "Tacuinum sanitatis", ist einer der Höhepunkte der Ausstellung "Medizin im Wandel der Zeit - Von der Antike zur Moderne", die die Österreichische Nationalbibliothek im Prunksaal zeigt.

Bei dem Buch handelt es sich um eine prachtvoll illustrierte Ausgabe der "Tabellarischen Übersicht der Gesundheit", die im 11. Jahrhundert vom irakischen christlichen Arzt Ibn Butlan erstellt wurde. Es basiert auf der antiken Humorpathologie, der Lehre von den vier Körpersäften (Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle). Die Illustration einer Kranken, die im Bett liegend Gerstenschleim aus einer Schüssel isst, ziert auch Ausstellungssujet und -katalog der bis 1. März geöffneten Schau.

Fokus auf Wien

Mit mehr als 100 Objekten aus den Beständen der Nationalbibliothek - von mittelalterlichen Handschriften, Inkunabeln über Drucke und Grafiken bis zu Fotografien und großformatigen Stadtansichten - und Leihgaben des Josephinum - Medizinhistorisches Museum Wien wie eine Lederkassette mit chirurgischen Instrumenten aus der Zeit Joseph II. gibt die Ausstellung Einblick in die Entwicklung der Heilkunst von der Antike bis ins frühe 20. Jahrhundert. Beginnend mit der Überlieferung antiken Wissens etwa von Ärzten wie Hippokrates durch arabische Gelehrte und spätere Übersetzungen ihrer Werke spannt sich der Bogen über die Klostermedizin, die Gründung der ersten Universitäten, tödliche Seuchen wie Pest und Cholera, wissenschaftliche Fortschritte wie erste Impfungen bis zur Entwicklung des Gesundheitswesens bis ins frühe 20. Jahrhundert mit besonderer Würdigung der ersten Ärztinnen. Ein Fokus wird dabei stets auf Wien gelegt.

Neben dem Zusammenspiel von bzw. den Spannungen zwischen wissenschaftlicher Medizin und Volksmedizin vermittelt die Schau auch Einblicke in die Lebensumstände der Menschen in den verschiedenen Epochen. Die Ko-Kuratorin der Ausstellung, Monika Kiegler-Griensteidl, verwies bei der Presseführung am Mittwoch auf das Tagebuch des Wiener Arztes Johannes Tichtel aus den Jahren 1477 bis 1495. In winziger Schrift und in grobem Latein schildert er darin Einnahmen aus der Praxis, politische Ereignisse oder seine eigene Pesterkrankung: "Am siebenten Tage öffnete sich das Geschwür und durch elf Wochen floß Eiter aus zwei Öffnungen ... Am 20. November wurde ich um die Stelle des Pestgeschwürs wirksam ausgebrannt."

Krisen führten zu Reformen und Innovationen

Die Angst vor solchen Seuchen wie die Pest sei "über Jahrhunderte allgegenwärtig gewesen und die Geschichte zeigt, dass man aus derartigen Ereignissen lernen kann", betonte die stellvertretende ÖNB-Generaldirektorin Michaela Mayr. Solche Bewältigungsstrategien von Krisen sind ein weiterer Schwerpunkt der Ausstellung. Dabei zeigt sich, dass "viele Herausforderungen von heute nicht neu sind", so Ko-Kuratorin Ingeborg Formann. So lösten etwa die wiederkehrenden Pestausbrüche in Wien bei den Menschen ein Gefühl der Machtlosigkeit aus, weckten Zweifel an der überlieferten Medizin, führten zu gesellschaftlichen Umwälzungen und Hass gegenüber verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Die Krisen führten aber auch zu Reformen und Innovationen. Als Beispiele dafür werden in der Schau die Einführung der Pockenimpfung oder der Bau der Wiener Hochquellwasserleitung in Reaktion auf die wiederkehrenden Cholera-Epidemien gezeigt.

(SERVICE - Ausstellung "Medizin im Wandel der Zeit - Von der Antike zur Moderne" im Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek, 1., Josefsplatz 1, 20. November bis 1. März 2026; Internet: )

(APA)

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