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Nach Zyklon - Deutscher Helfer: "Leichen hängen auf Bäumen"

Eine Woche nach dem verheerenden Zyklon "Nargis" in Burma werden die nötigen Hilfsmaßnahmen vor allem durch die fehlenden Kommunikations- und Logistikmöglichkeiten beeinträchtigt. Im Irrawady-Delta "liegen die Leichen im Schlamm und hängen auf den Bäumen", schilderte Peter Rottach von der Diakonie Katastrophenhilfe im APA-Gespräch die Situation an Ort und Stelle. Das größte Problem sei die Verteilung von Hilfsgütern, denn die Regierung lasse keine Ausländer in das Katastrophengebiet.

In die Mitte des Irrawady-Deltas, die am meisten von dem Wirbelsturm betroffene Region, dürfen laut Rottach nur Mitarbeiter lokaler Hilfswerke, mit denen die Diakonie kooperiert. Er selbst war jedoch für einen Tag im südwestlichsten Teil des Deltas: “Ich habe Dörfer gesehen, in denen kein Haus mehr steht.” Angehörige von Partnerorganisationen hätten ihm berichtet, dass “Hunderte von Dörfern völlig ausradiert sind” und “überall Leichen liegen”. Laut Rottach, der aus Bayern stammt und seit 27 Jahren in der Katastrophenhilfe tätig ist, gibt es derzeit noch keine Anzeichen für den Ausbruch von Seuchen, die Gefahr sei jedoch groß.

Die Diakonie Katastrophenhilfe hat gemeinsam mit lokalen Organisationen ein Verteilungsnetz aufgebaut. Die burmesische Militärjunta versuche, die Hilfsgüter ausschließlich über Regierungskanäle zu leiten, was jedoch Rottach “nicht akzeptieren” kann: “Wir müssen sicherstellen, dass die Hilfsgüter zu 100 Prozent an die Betroffenen gehen.” Das Verteilungsnetz der Diakonie versorge zur Zeit hauptsächlich Menschen, die in Klöstern, Kirchen oder von der Regierung errichteten Lagern Zuflucht gefunden haben. Für Opfer, die es nicht weg geschafft haben, “ist eine direkte Hilfe nicht möglich”, zeigte sich Rottach bedrückt.

Oberste Priorität habe momentan die Trinkwasser-Versorgung. In der betroffenen Region, die größtenteils auf einer Seehöhe von weniger als einem Meter liegt, wurden alle Brunnen und Teiche überschwemmt, wodurch das Trinkwasser ungenießbar wurde. “Normalerweise sammelt die Bevölkerung Regenwasser in oberirdischen Teichen, weil das Grundwasser zu salzig ist”, erklärte Rottach die eigentliche Trinkwassergewinnung, die durch die Naturkatastrophe nicht mehr möglich ist. Sauberes Wasser sei vor allem für Kinder extrem wichtig, um der Durchfall- und somit der Austrocknungsgefahr Einhalt zu bieten. Einheimische Helfer befüllen nun Plastikkanister mit Leitungswasser aus Städten und verteilen sie so gut wie möglich an die – erreichbaren – Opfer.

Eine weitere Hilfsmaßnahme ist die Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln, die es momentan noch in den Städten zu kaufen gebe. Einheimische Helfer beziehen Nahrungsmittel derzeit hauptsächlich von lokalen Märkten. Die Preise für Wasser und Essen seien jedoch in den vergangenen sechs Tagen rapide gestiegen. “Wasser kostet heute um 400 Prozent und Reis um 50 Prozent mehr als vor dem Zyklon”, gab Rottach zu bedenken. Dennoch sei das Aufkaufen der vorhandenen Lebensmittel ausländischen Hilfslieferungen vorzuziehen, um die Kleinbauern zu unterstützen und einem Preissturz vorzubeugen. Abgesehen davon stehen die UN-Lieferungen laut Rottach den lokal agierenden Hilfsorganisationen nicht zur Verfügung. Zur Zeit werden vor allem Reis, Salz, Pflanzenöl, Zucker und Trockennudeln verteilt.

“Jetzt geht es vor allem darum, die Grundbedürfnisse zu stillen”, sagte Rottach. Neben Wasser und Nahrungsmittel verteilt die Diakonie auch Kleidung, Plastikplanen und Medikamente. Als nächsten Schritt urgierte der Deutsche die Verteilung von Saatgut, denn in vier bis sechs Wochen beginne in Burma die Regenzeit und damit die Hauptanbauphase. Der Zyklon habe das Saatgut größtenteils zerstört. “Damit sind zukünftige Hungersnöte programmiert”, warnte Rottach.

Spendenkonto Diakonie Katastrophenhilfe: P.S.K. 23.13.300, BLZ 60.000, Kennwort: “Myanmar (Burma)”, Online-Spende: http://www.diakonie.at/katastrophenhilfe

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