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Nach Urteil bei Kührer-Prozess: Diskussion um Laiengerichtsbarkeit

Michael K. wurde im Fall Kührer mit 7:1 Stimmen für schuldig befunden
Michael K. wurde im Fall Kührer mit 7:1 Stimmen für schuldig befunden ©APA
Nach dem deutlichen Schuldspruch im Fall Kührer, bei dem die Geschworenen in einem reinen Indizienprozess gegen den Angeklagten und für eine lebenslängliche Haftstrafe entschienden, wird nun erneut über die nicht vorgesehene Begründung von Schuldsprüchen in Geschworenen-Verfahren diskutiert.
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Michael K., der Angeklagte, wurde beim Prozess in Korneuburg von den acht Geschworenen in einem reinen Indizienprozess mit 7:1 Stimme wegen Mordes an der zum Tatzeitpunkt 16 Jahre alten Julia Kührer für schuldig erkannt und zu lebenslanger Haft verurteilt. Dieses umstrittene Urteil hat eine neuerliche Debatte um die Laiengerichtsbarkeit ausgelöst.

Wird Geschworenen-System reformiert?

Vor allem der Umstand, dass der Wahrspruch von Geschworenen keiner Begründung bedarf und damit de facto nicht überprüfbar ist, wird – zum bereits wiederholten Male – kritisiert. Die damalige Justizministerin Claudia Bandion-Ortner hatte im Herbst 2009 eine Reform der Schwurgerichtsbarkeit angekündigt und eine Expertengruppe eingesetzt, die unter anderem dafür sorgen sollte, dass bei Prozessen um Kapitalverbrechen wie Mord, schwerem Raub oder Geiselnahmen zukünftig Berufs- und Laienrichter gemeinsam und nicht mehr Geschworene alleine über die Schuldfrage entscheiden.

Die Experten legten umfassende Reformvorschläge vor, die unter anderem ein Auswahl-Verfahren für Geschworene, eine Mitwirkung der Berufsrichter an der Lösung der Schuldfrage und eine ausführliche Begründung des Wahrspruchs und damit bessere Bekämpfbarkeit des Urteils vorsahen. Das Papier versandete allerdings in der Schublade, da sich die im Parlament vertretenen Parteien bisher nicht auf eine Gesetzesänderung einigen konnten.

Urteil im Fall Kührer ist umstritten: Kritikpunkte

Strafrechtsexperten wie die Wiener Strafrechtsprofessorin Susanne Reindl-Krauskopf haben nach dem nicht unumstrittenen erstinstanzlichen Urteil im Kührer-Prozess die bekannten Kritikpunkte wiederholt. Auch Elisabeth Rech, Vizepräsidentin der Rechtsanwaltskammer Wien und selbst Strafverteidigerin, verlangte am Donnerstag, Geschworenen sollte zukünftig eine Begründung ihrer Schuldsprüche abverlangt werden.

Darüber hinaus sprach sich Rech in einer Presseaussendung für einen Auswahlmodus von Geschworenen – derzeit werden diese nach dem Zufallsprinzip aus der Wählerevidenz ausgewählt – und eine Ablehnungsmöglichkeit aus. Das Geschworenen-Verfahren sei “ein unverzichtbares Instrument des Rechtsstaates, das wir verbessern, aber niemals abschaffen sollten”, betonte Rech.

(apa/red)

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