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Nach Gedenkrede: Köhlmeier erntet heftige ÖVP-Kritik

Der Vorarlberger Schriftsteller Harald Köhlmeier.
Der Vorarlberger Schriftsteller Harald Köhlmeier. ©APA/HERBERT PFARRHOFER
Die ÖVP hat am Samstag scharfe Kritik an Teilen der Rede von Schriftsteller Michael Köhlmeier geübt, die dieser am Vortag bei der NS-Gedenkveranstaltung des Parlaments gehalten hatte. Konkret warf ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer dem Hohenemser vor, einen Vergleich der Schließung der Balkanroute mit der Judenverfolgung gezogen zu haben.

“Der Vergleich der Balkanrouten-Schließung mit der Judenverfolgung ist entschieden zurückzuweisen”, sagte Nehammer in einer Stellungnahme gegenüber der APA. “Ich respektiere die freie Meinungsäußerung und die Ansichten von Herrn Köhlmeier, die ihm unbenommen sind. Aber es ist mir äußerst wichtig klar zu stellen – auch im Sinne eines würdevollen Gedenkens – dass eine Gleichstellung der Politik gegen illegale Migration mit der Ermordung von sechs Millionen Juden völlig inakzeptabel ist.”

Der scheidende Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) sieht die am Freitag von Michael Köhlmeier beim Gedenkakt des Parlaments gehaltene Rede “zu 99 Prozent positiv”. “Die einzige Anmerkung, die ich hätte: Mit Schoah-Vergleichen soll man immer vorsichtig sein”, sagte er heute, Sonntag, in der ORF-Pressestunde.

Standing Ovations

Die Rede, die im Zeremoniensaal der Hofburg teilweise mit Standing Ovations aufgenommen wurde, bei FPÖ und ÖVP aber auf heftige Kritik gestoßen war, sei grundsätzlich “würdig, in Ordnung und begrüßenswert”, so Häupl. Natürlich habe der Autor das Recht, überzogen und zugespitzt zu formulieren, lediglich dieser Vergleich sei “in die Hose gegangen”. Köhlmeier hatte in Anspielung auf die “Schließung der Balkan-Route” im Verlauf der Flüchtlingskrise gesagt: “Es hat auch damals (in der NS-Zeit, Anm.) schon Menschen gegeben, die sich damit brüsteten, Fluchtrouten geschlossen zu haben.”

Die Politik müsse es aushalten, beim Wort genommen zu werden, springt unterdessen Gerhard Ruiss, der Geschäftsführer der IG Autorinnen Autoren, seinem Schriftsteller-Kollegen bei: “Michael Köhlmeier hat eine Rede gehalten, wie sie dem Anlass des parlamentarischen Gedenkens an den Holocaust nicht besser entsprechen hätte können”, so Ruiss in einer Aussendung. Es sei weder dem Anlass angemessen, Köhlmeiers Kritik “Holocaust-Verharmlosung” zu unterstellen, noch sich seitens der FPÖ “schon wieder als die eigentlich Verfolgten darzustellen”: “Köhlmeier hat auf die größere historische Dimension der Äußerung, jemand habe eine Fluchtroute geschlossen, hingewiesen und auf ihre menschenfeindliche bis menschenverachtende Seite. Sollte es wirklich die Absicht einer anderen Politik geben, so wäre jetzt der ideale Zeitpunkt dazu, um Einsicht zu zeigen, statt sich über die Äußerungen Köhlmeiers zu empören.” Man weise “alle Versuche, die Rede und Inhalte der Rede Köhlmeiers als persönliche Aversionen oder/und überzogene Vergleiche zu relativieren, mit aller Entschiedenheit zurück”.

Köhlmeier reagiert

Im Interview mit der Zeitung “Österreich” (Sonntag-Ausgabe) geht Michael Köhlmeier auf den Vorwurf der “Verharmlosung des Holocaust” ein: “Das ist Chuzpe. Aber ich möchte diesen Vorwurf ernst nehmen: Man möge mir die Stelle in meiner Rede zeigen, wo ich das getan habe. Denn nichts liegt mir ferner, als den Holocaust zu verharmlosen. Im Übrigen wirft mir die FPÖ – wie so oft gegenüber Intellektuellen – auch ‘Überheblichkeit’ vor. Bitte belegen, dann können wir darüber sprechen.” Beim ihm läute seither den ganzen Tag das Telefon: “Nur positive Reaktionen. Die mir nicht Wohlgesonnenen haben die Nummer nicht.”

(APA)

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