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Nach der MediaMarkt-Übernahme: Wer steckt hinter JD.com?

Richard Liu (Qiangdong) ist der mächtige Mann hinter JD.com, Inc.
Richard Liu (Qiangdong) ist der mächtige Mann hinter JD.com, Inc. ©APA/AFP, VOL.AT (KI: ChatGPT)
Mit der angekündigten Übernahme von MediaMarktSaturn drängt ein chinesischer Gigant ins Herz des europäischen Einzelhandels: JD.com, Inc.

Das Unternehmen gilt in China als zweitgrößter Onlinehändler nach Alibaba – und als Player, der dank eigener Logistik, aggressivem Wachstum und enger Verzahnung mit der Politik in Peking längst mehr ist als nur ein E-Commerce-Anbieter.

Aufstieg eines Gründers mit Sonderrechten

Gegründet wurde JD.com, Inc. 1998 von Liu Qiangdong, der international als Richard Liu auftritt. Er hält heute rund 15 Prozent der Aktien, kontrolliert aber durch eine spezielle Dual-Class-Struktur über 70 Prozent der Stimmrechte. Liu hat damit das letzte Wort – auch gegen institutionelle Investoren. Internationale Fonds und Streubesitz zeichnen für rund 40 Prozent verantwortlich, während Konzerne wie Tencent (ca. 2 Prozent) nur noch Randfiguren sind. Der einstige Großpartner Walmart hat sich 2024 komplett verabschiedet und seine knapp 10 Prozent für 3,7 Milliarden Dollar verkauft.

Peking schaut mit

Offiziell taucht der chinesische Staat nicht in der Aktionärsliste auf. Doch wie bei allen großen Techfirmen gilt: Parteizellen sitzen längst im Konzern, und regulatorische Eingriffe sind Realität. Gründer Liu selbst hat sich öffentlich als linientreu gezeigt – mit markigen Aussagen wie „alle Unternehmen werden dem Staat gehören“. Politischer Druck stoppte etwa den geplanten Börsengang der Fintech-Sparte JD Digits, und auch Kartellstrafen blieben nicht aus. JD.com, Inc. arrangiert sich mit der Staatsführung – und liefert im Gegenzug systemrelevante Logistik, Daten und Versorgungssicherheit.

Zahlen, die beeindrucken

Die Bilanzsumme des Konzerns wuchs von 4,3 Milliarden US-Dollar (2013) auf zuletzt 88,6 Milliarden US-Dollar (2023). Der Umsatz explodierte im gleichen Zeitraum von rund 11 auf mehr als 150 Milliarden Dollar. Nach Jahren der Verluste gelang ab 2019 der Turnaround: 2020 erzielte JD.com, Inc. einen Rekordgewinn von 7,6 Milliarden Dollar, 2023 lag der Überschuss bei soliden 3,4 Milliarden Dollar – eine Nettomarge von rund zwei Prozent.

Entwicklung 2013–2023 (in Mrd. US-Dollar):

  • Bilanzsumme: von 4,3 → 88,6
  • Nettogewinn: von –0,4 → +3,4
  • Umsatz: von 11 → >150

Mehr als ein Onlinehändler

Anders als Alibaba kauft JD die meisten Waren selbst ein, lagert sie in eigenen Hallen und liefert mit eigener Flotte. Mehr als 1.500 Lagerhäuser und hunderttausende Lieferfahrzeuge garantieren Zustellung binnen 24 Stunden – 93 Prozent der Bestellungen erreichen Kunden am Folgetag. Tochterfirmen wie JD Logistics (Börsengang 2021), JD Health (IPO 2020) und die Fintech-Sparte JD Digits machen den Konzern zu einem diversifizierten Tech-Ökosystem.

Globale Ambitionen

Mit dem Einstieg in Europa schlägt JD.com, Inc. ein neues Kapitel auf. Die MediaMarktSaturn-Übernahme für rund 2,5 Milliarden Dollar markiert den größten Coup außerhalb Chinas. Schon zuvor hatte JD in Südostasien investiert, Logistikzentren in Europa eröffnet und eine Plattform für internationale Marken gestartet. Mit der Übernahme der deutschen Elektronikriesen rückt JD nun schlagartig ins europäische Schaufenster – und stellt sich in direkte Konkurrenz zu Amazon.

JD.com, Inc. ist kein anonymer Handelsriese, sondern ein Hybrid aus Tech, Logistik und Politik. Hinter der MediaMarkt-Übernahme steckt ein Konzern, der in China längst systemrelevant ist – und nun Europa ins Visier nimmt.

(VOL.AT)

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