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"Musik ist meine Retterin"

Ruhm bewahrt nicht vor Traurigkeit. Paul McCartney, dem schon lange vor seinem 65. Geburtstag am 18. Juni ein Ehrenplatz in der Musikgeschichte sicher war, musste das in schwierigen Monaten seiner Scheidungskrise erfahren.

Er hatte ein Gegenmittel: Eine alte indische Parabel von einem Mann, der weint, weil er keine Schuhe hat. Bis er jemandem begegnet, der keine Füße mehr hat. „Daran haben wir (die Beatles) uns schon in den Sechzigern immer erinnert, wenn uns Probleme bedrückten“, erzählte McCartney jetzt Reportern in London.

Inzwischen liegt das Schlimmste wohl hinter ihm. Seine 26 Jahre jüngere Noch-Ehefrau Heather Mills hat aufgehört, den Ex-Beatle öffentlich als prügelnden Alkoholiker zu verunglimpfen. Londoner Zeitungen berichteten dieser Tage sogar von freundlichen Telefonaten, in denen sich die beiden gegenseitig nach ihrem jeweiligen Befinden erkundigen.

Zur großen Beruhigung McCartneys kann er inzwischen problemlos Zeit mit seiner dreijährigen Tochter Beatrice verbringen. Sogar über eine neue Beziehung wird gemunkelt, wenngleich der Musiker selbst seine Treffen mit der attraktiven Bierdynastie-Erbin Sabrina Guinness (52) als „völlig harmlos“ bezeichnete.

Hätte es noch eines Beweises bedurft, dass McCartneys Status als ikonenhafter Superstar unangefochten ist, so wurde er kürzlichen im hippen Londoner Szene-Viertel Camden geliefert. Innerhalb von Minuten waren die 1.000 Tickets für ein Konzert im legendären „Electric Ballroom“ vergeben, obwohl die geheim gehaltene Show erst kurz zuvor über Radiosender angekündigt worden war.

Auffallend viele junge Leute sangen in dem Club unvergängliche Songs des topfit wirkenden Ex-Beatle mit: Von „Lady Madonna“ über „Back in the USSR“, „The Long and Winding Road“ und „Get Back“ bis hin zu „Let It Be“ und „Hey Jude“. Allesamt Hits, die zwar offiziell dem genialen Songschöpfer-Duo Lennon/McCartney zugeschrieben, aber hauptsächlich von Paul geschaffen wurden.

Auf sein berühmtes Liebeslied „When I’m Sixty-Four“ verzichtete der Superstar – vielleicht, um nicht unnötig darauf hinzuweisen, dass er die 64er-Grenze schon vor einem Jahr überschritten hatte. Ansonsten aber scherzte McCartney souverän und offensichtlich bestens gelaunt mit den Fans. „Ein Glück“, sagte ein Radiomoderator, „Paul ist mit 65 wieder der Alte.“

Mit freundlichem Beifall nahmen Fans auch Songs seines neuen, nunmehr 21. Soloalbums „Memory Almost Full“ auf. Zu dem Titel, erzählte Sir Paul dem „Guardian“, sei er durch eine Warnmitteilung seines Mobiltelefons inspiriert worden. Die wies ihn darauf hin, dass der digitale Speicher voll sei. „Ich fand, das war irgendwie symbolisch für das Leben. Man nimmt derart viele Informationen auf, dass man einiges löschen müsste, um noch mit allem fertig zu werden.“

Weil das zwar mit Mobiltelefonen, aber nicht mit Gehirnen geht, versucht McCartney, wenn es ihm schlecht geht, in „guten Erinnerungen zu baden“. „An die Beatles oder die Wings oder daran, wie ich schon als Teenager John (Lennon) kannte, wie ich George (Harrison) an einer Bushaltestelle traf oder wie ich Linda zum ersten Mal sah.“

Die New Yorker Fotografin Linda Eastman war die Liebe seines Lebens. Keine andere Frau hat ihn nur annähernd so beeinflusst wie sie. Aus Liebe zu Linda, die er 1969 heiratete und mit der er die drei Kinder Mary, Stella und James bekam, wurde McCartney Vegetarier. Und die Liebe stand auch Pate, als er ihr nach der Trennung der Beatles 1970 das Klavierspielen beibrachte und sie in seine Band Wings aufnahm – obwohl so mancher ihr musikalisches Talent in Zweifel zog.

Bis heute hat McCartney Lindas Krebstod 1998 mit 56 Jahren nicht wirklich verwunden. Immerhin habe ihm seine Musik in schlimmen Zeiten Trost gespendet, sagte McCartney jetzt dem Obdachlosen-Magazin „The Big Issue“, dessen Verkauf er – ähnlich wie vorher schon andere Stars – mit einem Exklusivinterview unterstützte. „Musik ist die Retterin…, meine Gitarre ist meine Heilpraktikerin.“

Und zur Not ist da ja noch die alte indische Parabel. Oder auch, wie Paul in dem Interview bekannte, das Bewusstsein, sich jederzeit auf die Schulter klopfen zu können: „Wisst ihr, es gab nur vier Leute bei den Beatles. Und ich war einer von ihnen. Das bedeutet, dass nur drei andere im ganzen Universum diese Erfahrung gemacht haben, was ja wohl irgendwie fantastisch ist.“

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