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Musharraf bringt die USA in eine Zwickmühle

Mit der Verhängung des Ausnahmezustands hat der pakistanische Staatschef Pervez Musharraf die US-Regierung in eine Zwickmühle gebracht. Musharraf gilt als ein enger Verbündeter der USA im Kampf gegen den Terrorismus.

Bei einem Besuch im Weißen Haus vor gut einem Jahr würdigte ihn Präsident George W. Bush als einen Freund und eine Stimme der Mäßigung.

„Der Präsident ist ein entschiedener Verteidiger der Freiheit und des pakistanischen Volkes“, sagte Bush damals Seite an Seite mit Musharraf. Seit dem Wochenende präsentiert sich der Anwalt der Freiheit jedoch ganz anders – nämlich als ein Militärdiktator, der gegen das eigene Volk vorgeht, um seine Macht zu sichern. Von seinem Versprechen, der Demokratie in Pakistan zum Durchbruch zu verhelfen, scheint wenig übrig geblieben zu sein.

Der Schritt Musharrafs vom Wochenende zeigt die Grenzen von Bushs Einflussmöglichkeiten auf. Der US-Präsident hat stets erklärt, über den Aufbau persönlicher Beziehungen zu führenden Politikern in der Welt auch Einfluss auf diese nehmen zu können. Bei Musharraf ist ihm das diesmal nicht gelungen. Außenministerin Condoleezza Rice hat vergeblich versucht, den pakistanischen Präsidenten von der Verhängung des Ausnahmezustands und der Aussetzung der Verfassung abzuhalten.

Die US-Regierung denkt nun darüber nach, den Druck auf die pakistanische Führung zu erhöhen, um sie zur Rückkehr zur Demokratie zu bewegen. Rice kündigte am Sonntag bereits eine Überprüfung der amerikanischen Finanzhilfen an Pakistan an. Aber auch hierbei sind die Möglichkeiten begrenzt. Der größte Teil der Hilfe dient der militärischen Unterstützung Pakistans im Kampf gegen das Terrornetzwerk Al Kaida. Und daran wollen die USA mit Blick auf eigene Sicherheitsinteressen nicht ändern. „Wir werden nichts tun, was den Krieg gegen den Terror untergraben würde“, betonte Gordon Johndroe, ein Sprecher des Weißen Hauses.

Man dürfe sich keinen Illusionen über die Einflussmöglichkeiten der US-Regierung hingeben, sagte Rick Barton, ein Pakistan-Experte des Zentrums für Strategische und Internationale Studien. Pakistan sei ein großes und komplexes Land, und das meiste spiele sich außerhalb des Einflussbereichs der US-Regierung ab. Aber die USA könnten dennoch eine führende Rolle spielen. Immerhin sei die Verhängung des Ausnahmezustands in Pakistan ein Test für die Ernsthaftigkeit von Bushs Freiheits-Agenda, meinte Barton. „Akzeptieren wir, dass Musharraf wahrscheinlich untergehen wird“, sagte er weiter. „Lasst uns nur das Richtige tun und den Pakistanis unter Beweis stellen, dass wir zu unseren Werten und Prinzipien stehen.“

Ein anderes hoffnungsvolles Szenario wäre es aus Sicht der USA, wenn der Ausnahmezustand in Pakistan rasch wieder aufgehoben würde. „Die Pakistanis wollen weiter den Weg der Demokratie gehen“, sagte US-Regierungssprecher Johndroe. Die aktuelle Entwicklung bezeichnete er als „kleinen Umweg“. „Ich denke, die Pakistanis werden wieder auf den richtigen Weg zurückkehren, und wir werden sie kraftvoll ermutigen“, sagte Johndroe.

Pessimistisch schätzt dagegen der Experte für Atomsicherheit Jospeh Cirincione vom liberalen Center for American Progress die Lage ein. Für die USA gebe es in Pakistan nur wenige gute politische Optionen. Pakistan sei das gefährlichste Land in der Welt – ein instabiler Ort mit starkem islamistisch-fundamentalistischem Einfluss und einem Atomwaffenarsenal. „Wenn die Regierung stürzt oder die Streitkräfte zerfallen, in wessen Hand gelangen dann diese Waffen“, fragte Cirincione. „Pakistan könnte sich für die USA über Nacht von einem der wichtigsten Verbündeten außerhalb der NATO zu einem Alptraum entwickeln“, befürchtet der Atomexperte.

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