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Mückstein will Regionallockdown - Länder bremsen

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Der Corona-Krisengipfel von Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) mit den Landeshauptleuten von Oberösterreich und Salzburg hat vorerst kein Ergebnis gebracht

Mückstein hat laut Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) regionale Lockdowns für Ungeimpfte in den beiden stark pandemiebetroffenen Ländern vorgeschlagen. Dies will aber weder er noch der Oberösterreicher Thomas Stelzer (ÖVP). Die Gespräche gehen Freitag weiter.

Es herrsche "Einigkeit, dass rasch, klar und entschlossen gehandelt werden muss", heißt es in der schriftlichen Mitteilung aus Mücksteins Büro. Es sei "ein offenes Gespräch" gewesen. Jetzt würden die Gespräche auf fachlicher Ebene und dann in einer weiteren Runde mit den Landeshauptleuten weitergeführt. Morgen, Donnerstag, soll mit Experten diskutiert werden, ob ein Vorziehen der Stufe 5 - also ein Lockdown für Ungeimpfte - in den beiden Bundesländern sinnvoll ist.

Stelzer will abwarten

Stelzer sieht einen regionalen Lockdown kritisch. In Oberösterreich stelle sich die Frage, ob die Entwicklung auf den Intensivstationen tatsächlich eine Vorziehen der Stufe 5 notwendig mache. Man habe "Gott sei Dank viele Intensivbetten", meinte der Landeshauptmann. Außerdem sei erst am Montag mit der 2G-Regel eine "sehr scharfe Maßnahme in Kraft" getreten. "Wir brauchen einen Überblick, was sie bringen", ob damit nicht die Situation in den Griff zu bekommen sei. Er geht davon aus, dass in eineinhalb Woche beurteilt werden könne, ob die neuen Maßnahmen greifen. Bis dahin jeden zweiten oder dritten Tag weitere zu ergreifen, hält er nicht für sinnvoll. Ungeachtet dessen bereite man aber Verschärfungen wie ein Ausweiten der FFP2-Maskenpflicht vor.

Wettlauf mit der Zeit

Auch Haslauer stand am Mittwochabend dem Vorschlag Mücksteins skeptisch gegenüber. "Es gehört diskutiert, ob das ein sinnvolle oder eine symbolische Maßnahme ist", sagte der Salzburger Landeshauptmann in einer Pressekonferenz. Die aktuelle 2G-Regel komme einem Lockdown für Ungeimpfte schon sehr nahe. "Ein tatsächlicher Lockdown würde bedeuten, das Haus nur mehr für notwendige Einkäufe, Spaziergänge und die Arbeit verlassen zu dürfen. Das ist schwierig bis gar nicht zu kontrollieren."

An sich sei das Vorziehen der Stufe 5 im Stufenplan des Bundes erst bei 30 Prozent Belag der Intensivbetten vorgesehen. "Davon sind wir in Salzburg mit aktuell 19 Prozent noch entfernt." Haslauer sprach in diesem Zusammenhang allerdings von einem "Wettlauf mit der Zeit". Sollte es dennoch zu einem regionalen Lockdown kommen, sei es unbedingt erforderlich, die vier Bereiche Schulen und Kinderbetreuung, Einzelhandel, Gastronomie und Hotellerie für Geimpfte offen zu halten.

"Virologen wäre es liebsten, jeden in Zimmer zu sperren"

Haslauer forderte eine sensible Vorgehensweise. "Wir müssen die Ansteckungen möglichst eindämmen, aber alles unterlassen, was die Impfwilligkeit in der Bevölkerung weiter reduziert. Bei einem Lockdown für alle werden die Leute sagen: Warum impfen, wenn ich eh nirgends teilnehmen kann." Man könne nicht nur rein virologische Wahrheiten umsetzen. "Mir ist klar, dass es Virologen am liebsten wäre, jeden Österreicher in ein Zimmer zu sperren, weil er sich da nicht infizieren kann. Aber sie werden dann halt an Depression sterben oder verdursten."

Maskenpflicht soll ausgedehnt werden

Für Salzburg will Haslauer die Maskenpflicht ausdehnen, was wohl vor allem den Veranstaltungsbereich betreffen würde. "Wir prüfen gerade, wo eine Ausweitung der Maskenpflicht effektiv ist." Parallel dazu will der Salzburger Landeshauptmann nicht nur die Zahl der Erstimpfungen vorantreiben, sondern so schnell wie möglich viele Personen zur Auffrischungsimpfung bringen. Nicht zuletzt dürfte die ÖVP Salzburg nun auch ihre Scheu vor originellen und spektakulären Impfaktionen verloren haben: Es müssten mehr Aktionen her wie die Impfung von 492 Personen (238 mit dem ersten Stich) in einem Airbus am Flughafen.

"Zögerlichkeit nicht zu verstehen"

Kritisch zur Gipfel-Vertagung äußerte sich in der "ZiB 2" Oberösterreichs SPÖ-Chefin und Landesrätin Birgit Gerstorfer: Sie konnte "die Zögerlichkeit nicht verstehen", forderte aber auch nicht direkt den regionalen Lockdown. Wenn es - weil zur Senkung der Zahlen nötig - dazu käme, läge die Verantwortung bei Stelzer, der die neue Corona-Welle bisher nicht nachhaltig genug bekämpft habe.

Dramatische Situation in zwei Bundesländern

Mückstein hatte den Krisengipfel mit den beiden Bundesländern nach dem Ministerrat mit dem dramatische Anstieg der positiven Corona-Fälle besonders in diesen Bundesländern begründet. Die Sieben-Tages-Inzidenz pro 100.000 Einwohner liegt in Oberösterreich bei 1.173,5, in Salzburg bei 933.

"Wir müssen die Lage sehr ernst nehmen", sagte Mückstein zur Situation in Gesamt-Österreich. "Die Infektionszahlen steigen rasant", verwies er darauf, dass mit den am Mittwoch gemeldeten 11.398 Neuinfektionen erstmals der fünfstellige Bereich erreicht worden ist. Auch bei den Intensivbetten sei (bereits am Vortag, Anm.) die 400er-Grenze überschritten worden.

Schallenberg: Kein Lockdown für Geimpfte

Kurz vor dem Gipfel machte Bundeskanzler Alexander Schallenberg klar, dass für die ÖVP kein Lockdown für Geimpfte infrage kommt. Einen Lockdown aus Solidarität mit den Ungeimpften soll es nicht geben, betonte er in einer Stellungnahme. Dafür wolle er "auch weiterhin kämpfen". Wenn die Entwicklung aber weitergehe, schloss er einen Lockdown für Ungeimpfte nicht aus: "Wenn die Dynamik nicht abreißt, wird es laut Stufenplan schon sehr bald soweit sein." Darüber hinaus will der Kanzler über "weitere Maßnahmen" wie die Frage der Impfpflicht in gewissen Berufsgruppen diskutieren.

Aus der ÖVP-Ministerriege kam umgehend Unterstützung - ebenfalls in Form schriftlicher Mitteilungen: Tourismusministerin Elisabeth Köstinger ließ wissen, dass "die Zeit der Solidarität mit jenen, die sich aus fadenscheinigen Gründen nicht impfen lassen wollen, abgelaufen" sei. Es könne "nicht sein, dass mutwillige Impfverweigerer die Mehrheit der Bevölkerung in Geiselhaft nehmen". "Warum sollen Schülerinnen und Schüler solidarisch mit den Ungeimpften sein?" fragte Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) - und verwies auf das systematische regelmäßige Testen in den Schulen und die hohe Impfquote der Lehrer. Arbeitsminister Martin Kocher betonte die "kollektive Verantwortung" zur Impfung - und plädierte dafür, über die Ausweitung der Impfpflicht auf alle Bedienstete im Gesundheitswesen zu diskutieren. Bisher gilt sie für Neuanstellungen.

Kritik der Opposition

Die Opposition sah sich einmal mehr zu Kritik veranlasst. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch hielt der Regierung ein "katastrophales Corona-Management" vor. Sie habe alle Warnungen - vor einem Verschlafen des Sommers und einer Wiederholung des Corona-Horrorjahrs 2020 - "in den Wind geschlagen und ihr fahrlässiges Corona-Management by Chaos einfach fortgesetzt".

Die NEOS warfen Gesundheitsminister Mückstein Versagen vor, Vize-Klubobmann Gerald Loacker verlangte in einer Pressekonferenz am Nachmittag seinen Rücktritt und stellte einen Misstrauensantrag in Aussicht. Generalsekretär Douglas Hoyos übte auch scharfe Kritik an der ÖVP-Regierungsriege in Oberösterreich. Die Geimpften dürften nun nicht die Dummen sein, und die Schulen müssten offen bleiben, forderte er.

(APA)

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