Mord an Afroamerikanern in Oklahoma verschärft Rassismus-Debatte

Die Tat versetzt die Stadt Tulsa im Bundesstaat Oklahoma in Angst – ein Großaufgebot der Polizei fahndet nach den Tätern. Als die Verdächtigen dann am Sonntag gefunden werden, erhält der Kriminalfall eine weitere erschreckende Dimension: Nach ersten Vermutungen könnte es sich um einen neuen Akt von Rassenhass handeln. Alle Opfer waren schwarz, die mutmaßlichen Schützen weiß.
Trayvon Martins Tod sorgt für Aufschrei
So wühlt der Fall die USA nicht nur wegen der Brutalität der Taten auf, sondern auch, weil er die aktuelle Debatte über den neuen und alten Rassismus im Land weiter anheizt. Erst vor sechs Wochen hatte der Tod des 17-jährigen Trayvon Martin einen Aufschrei ausgelöst. Der unbewaffnete afroamerikanische Bursche mit dem Kindergesicht war in Sanford in Florida von einem weißen sogenannten Nachbarschaftswächter erschossen worden.
Der Schütze blieb jedoch auf freiem Fuß, da er laut Polizei aus Notwehr gehandelt haben soll. Erst nach Protesten wurde mit Nachdruck ermittelt – voraussichtlich an diesem Dienstag (10. April) könnte die Staatsanwaltschaft weitere juristische Schritte einleiten.
Bereits dieser Fall in Florida hatte böse Erinnerungen an eine Ära geweckt, als die Kurzformel “Weiß gegen Schwarz” das Verhältnis der Rassen in den USA beschrieb. Aber trotz aller rechtlichen Fortschritte der vergangenen Jahrzehnte: Überall im Land demonstrierten in den vergangenen Wochen Afroamerikaner und Bürgerrechtler jeglicher Hautfarbe gegen Ungleichbehandlung, Unterdrückung und Vorurteile in der Gesellschaft.
Facebook gibt Aufschluss über mögliches Motiv
Die Morde von Oklahoma könnten die alten Wunden nun noch weiter aufreißen. “Ich glaube, wer die Taten verübte, war sehr böse auf schwarze Menschen”, zitierte die Zeitung “Tulsa World” das Stadtratsmitglied Jack Henderson.
Einer der beiden Verdächtigen, ein 19-Jähriger, verbreitete vor den Taten mehrfach im Internet rassistische Kommentare, berichteten Medien und zeigten Bilder der nunmehr unzugänglichen Facebook-Seite. Sein Vater war vor genau zwei Jahren erschossen worden, ein Afroamerikaner sitzt für die Tat im Gefängnis. Kurz vor den Serienmorden beschimpfte der 19-Jährige den Verurteilten als “fucking nigger”. Die Polizei äußerte sich aber noch sehr vorsichtig: Es müsse genau geprüft werden, ob von einem Hassverbrechen, einem Racheakt und gar von Rassismus gesprochen werden könne.
Beziehung der Rassen hat sich verschlechtert
Sollten sich erste Vermutungen jedoch bestätigen, dürfte die Debatte über den sogenannten Post-Rassismus weiter zunehmen. So nennen Experten den Zustand in der Gesellschaft 50 Jahre nach der Bürgerrechtsbewegung. Auch nach der Wahl eines afroamerikanischen Präsidenten vor knapp vier Jahren sind die USA längst nicht über das Thema hinweg, ermittelte etwa das Wochenmagazin “Newsweek” vor wenigen Tagen in einer Umfrage. Im Gegenteil: 30 Prozent der Befragten hätten sogar angegeben, die Beziehung der Rassen habe sich seit dem Antritt von Barack Obama verschlechtert.
Konsequenzen bleiben aus
Auch wenn am Ende der Ermittlungen zur Tat von Tulsa ganz andere Zusammenhänge als Ursachen ans Licht kommen sollten: Alleine die Rassismus-Vermutungen sind Wasser auf die Mühlen von Bürgerrechtlern. Sie fordern, solche Geschehnisse zum Anlass zu nehmen, wirklich etwas zu verändern. Die Zeitung “Washington Post” listete am Montag in einer Titelgeschichte vier eklatante Geschehnisse der jüngeren Vergangenheit auf, in denen Afroamerikanern Unrecht und Behördenwillkür widerfuhr, ohne dass es wirkliche Konsequenzen gab.
Rasse als Tabu
“Nach all dem, was passiert, kehren wir als Gesellschaft zu oft zur Selbstgefälligkeit zurück”, sagte Nicole Austin-Hillery, Direktorin einer Bürgerrechtsgruppe der Zeitung. “Rasse ist das große Tabu, vor dem jeder davonrennt.”
Selbst Präsident Obama hält sich stark zurück. Im Trayvon-Martin-Fall meldete er sich einmal – auf Nachfrage eines Journalisten – zu Wort, ohne aber wirklich zur politischen Frage hinter dem Fall Stellung zu beziehen. Auch in den Jahren davor blieb er bei dem Thema sehr still. Er habe Angst, seine Präsidentschaft von seiner Hautfarbe definieren zu lassen, lautete eine gängige Kritik. Damit habe er aber auch viele Erwartungen enttäuscht.
APA
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