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Montenegro: Stimmenmehrheit bestätigt

Über die Unabhängigkeit Montenegros gibt es keine Zweifel mehr. Das geht aus dem von der montenegrinischen Referendumskommission am Dienstag verlautbarten Endergebnissen hervor.

Demnach stimmten am Sonntag 55,5 Prozent, bzw. 230.711 Bürger für die Eigenstaatlichkeit, 44,50 Prozent bzw. 184.954 Abstimmungsteilnehmer waren dagegen. Die Beteiligung belief sich auf 86,49 Prozent, nur 0,87 Prozent der eingegangenen Stimmen waren ungültig.

Gegner der Unabhängigkeit Montenegros wurden Montagabend in Cetinje, der alten Hauptstadt, bei einer Großfeier der Anhänger der Eigenstaatlichkeit von Regierungschef Milo Djukanovic und dem Parlamentspräsidenten Ranko Krivokapic aufgefordert, die Referendumsergebnisse zu akzeptieren. Trotzdem wurde aus dem Oppositionslager am Dienstag die Absicht bekräftigt, eine Neuauszählung aller Stimmzettel zu beantragen. Der Antrag soll der Referendumskommission im Laufe des Tages zugestellt werden.

Die notwendige 55-prozentige Stimmenmehrheit für die Eigenstaatlichkeit schien bis Dienstag früh tatsächlich ungewiss, nachdem aus juridisch-technischer Sicht die Protokolle von 37 Wahllokalen in der montenegrinischen Hauptstadt Podgorica für strittig erklärt wurden. Die Republik-Referendumskommission debattierte die ganze Nacht über das Problem und verkündete schließlich auch die Referendumsergebnisse in diesen Wahllokalen – 56,37 Prozent für die Unabhängigkeit, 43,63 Prozent dagegen.

Die Endergebnisse des Referendums hat in Belgrad als Erster erneut der serbisch-montenegrinische Außenminister Vuk Draskovic begrüßt, der gleich seine Glückwünsche an die höchsten montenegrinischen Amtsträger richtete. Präsident Boris Tadic und Regierungschef Vojislav Kostunica wollen sich zum Unabhängigkeitsreferendum erst nach ihren Gesprächen mit dem EU-Beauftragten für Montenegro, Miroslav Lajcak, am heutigen Dienstag äußern.

Die Europäische Union erwartet nach der Volksabstimmung für die Unabhängigkeit Montenegros nun konkrete Schritte. Belgrad und Podgorica sollten so rasch wie möglich Gespräche über die Umsetzung der Entscheidung aufnehmen, betonten der österreichische EU-Ratsvorsitz und EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn am Dienstag in Stellungnahmen. Gleichzeitig erklärten die EU-Vertreter, dass auch einem eigenständigen Montenegro die „europäische Perspektive“ offen stehen werde.

Der „ruhige und professionelle Abstimmungsverlauf“ und die hohe Beteiligung hätten die Legitimität des Votums unterstrichen. Die veröffentlichten offiziellen Ergebnisse zeigten, dass die Befürworter der Unabhängigkeit gewonnen hätten. „Alle Seiten sollten das Ergebnis respektieren und nun zusammenarbeiten, um auf Basis der Akzeptanz der europäischen Werte und Standards einen Konsens zu erreichen“, sagte Rehn.

Wie es zwischen Belgrad und Podgorica nun konkret weiter gehen wird, ist zuerst noch unbekannt. Präsident Serbien-Montenegros, Svetozar Marovic, ein Montenegriner, erklärte, dass er am kommenden Donnerstag eine letzte Regierungssitzung des Staatenbundes einberufen und dann seinen Rücktritt einreichen werde.

Montenegro hat vor, am 13. Juli, seinem Staatsfeiertag, seine Eigenstaatlichkeit auch offiziell zu verkünden. Der 13. Juli wurde im Laufe der Referendumskampagne von den Anführern des Unabhängigkeitslagers als Tag für die offizielle Verkündung der nach 88 Jahren erneut erlangten Unabhängigkeit bezeichnet. Montenegro wird an diesem Tag wahrscheinlich auch sein Personal aus dem Außenministerium des Staatenbundes zurückziehen. Unter anderem sollen elf Botschafter und vier Generalkonsuln ihre bisherigen Aufgaben zurücklegen.

Vorbereitungen auf die notwendige Regierungsumbildung werden offenbar auch in Belgrad getroffen. Das Kabinett des Ministerpräsidenten Vojislav Kostunica wird nämlich um mindestens zwei Ministerien – für Äußeres und Verteidigung – erweitert werden. Präsident Boris Tadic wird entsprechend der Verfassung die Leitung des Obersten Verteidigungsrates, des offiziellen Oberbefehlshabers der Streitkräfte, übernehmen. Das Militär bekommt mit Sicherheit auch einen neuen Generalstabchef. Der derzeitige, Ljubisa Jokic, ist nämlich ein Montenegriner.

Nach dem zweitägigen Feiern kehrt in Montenegro der Alltag zurück. In Serbien gab es keine Feier. Nur ein bisschen Enttäuschung über einen so großen Ausbruch der Freude in den Straßen Podgoricas nach der Verkündung der ersten inoffiziellen Referendumsergebnisse. „Es wirkte, als ob sich Montenegro von einem verhassten Feind und nicht von einem brüderlichen Volk, das auch ein Drittel seiner Bevölkerung ausmacht, trennen würde“, stellte die regierungsnahe Tageszeitung „Politika“ fest.

Bei der bevorstehenden Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland wird die Nationalmannschaft des Staatenbundes Serbien-Montenegro ihren letzten öffentlichen Auftritt haben.

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