Für den außer Dienst gestellten Top-Polizisten, der seit Beginn der gegen ihn gerichteten Ermittlungen sämtliche Vorwürfe als haltlos zurückgewiesen hat, gilt die Unschuldsvermutung. Auf den Schöffensenat, der die Schuldfrage zu klären hat, kommt ein “Mammutprogramm” zu: Richterin Irene Mann hat vorerst 14 Verhandlungstage anberaumt, die erste Prozesswoche ist ausschließlich für die Einvernahme des Angeklagten reserviert. Das Urteil wird frühestens am 11. Februar fallen.
Der Chefinspektor war 2007 erstmals in die Schlagzeilen geraten, als ruchbar wurde, dass er in Feierlaune auf dem pompösen Hochzeitsfest des ihm angeblich freundschaftlich eng verbundenen Dragan J. alias “Repic” in Erscheinung trat. “Repic” galt bereits damals als Anführer einer Schutzgeld-Truppe, die in der Wiener Unterwelt Schrecken verbreitet und in großem Stil abkassiert haben soll. Der Spitzenpolizist wurde daraufhin vom Dienst suspendiert.
In weiterer Folge kamen immer neue und vor allem strafrechtlich gravierende Vorwürfe gegen den “Spitzenkieberer” zutage. So soll er im Zusammenhang mit einer Schießerei im Cafe “Cappuccino” in Wien-Hernals, bei der am 30. Mai 2006 ein Lokalbesucher getötet und ein weiterer schwer verletzt wurde, einseitig ermittelt und dazu beigetragen haben, dass ein Mann als mutmaßlicher Mörder vor Geschworene gestellt wurde, gegen den die Staatsanwaltschaft dann im Gerichtssaal mangels Indizien die Anklage fallen lassen musste: Keiner der von der Polizei präsentierten Belastungszeugen erkannte vor Gericht im Angeklagten den Schützen wieder.
Auf der anderen Seite stellte sich heraus, dass zum Zeitpunkt der Schießerei im “Cappuccino” mit Munir F. (42) eine Gürtel-Größe anwesend war, über die der Chefermittler womöglich seine “schützenden Hände” hielt. Als ein Zeuge nämlich zur Polizei ging, um eine Aussage über die Hintergründe der Bluttat zu machen, die Munir F. in Verlegenheit hätte bringen können, soll der Chefinspektor die Niederschrift zerrissen haben.
Andere Zeugen wiederum soll der Beamte beeinflusst und eingeschüchtert haben bzw. einschüchtern haben lassen. Daneben dürfte der 53-Jährige auch als Privatmann das Strafgesetzbuch insofern nicht ganz ernst genommen haben, als er in einem Lokal von seiner Lebensgefährtin besorgte gefälschte Textilien als Markenware der Firmen “Gucci” und “Louis Vuitton” verkauft haben soll.
Fest steht außerdem, dass sich der Kriminalist bestens mit einem 37-jährigen Geschäftsmann verstand, den die Staatsanwaltschaft Wien der “Baumafia” zuordnet. Der 37-Jährige hatte den Top-Kriminalsten einem rechtskräftigen Urteil zufolge im Jänner 2007 dazu angestiftet, für ihn in Erfahrung zu bringen, ob nach dem Ex-Geschäftsführer einer seiner Firmen gefahndet wurde, der ihm einen größeren Geldbetrag entwendet hatte. Der Polizist soll im EKIS-Computer recherchiert haben, ob ein Haftbefehl vorlag.
Dutzende Zeugen werden im Verlauf der Hauptverhandlung in den Zeugenstand treten. Im Fall eines Schuldspruchs drohen dem Chefinspektor bis zu fünf Jahre Haft und vor allem der Amtsverlust, mit dem er auch seiner Pensionsansprüche verlustig ginge.
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