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Mörderschwestern

Peter Kern, der ungekrönte König des österreichischen Trash-Kunstfilms, hat sein neues Werk "Mörderschwestern" vollendet. Auf der Grazer Diagonale feierte der pseudointeraktive Film bereits auf der Diagonale im März seine Uraufführung. Alle Spielzeiten auf einen Blick

Gut 20 Jahre nach dem Aufdecken des Skandals um Lainzer Krankenschwestern, die reihenweise Patienten ermordeten, versammelt der Regisseur und Drehbuchautor Kern ein schräges Kompendium an Einzelsequenzen, welche die Frage der Gewalt thematisieren, wobei er die einstigen Vorkommnisse in Lainz gleichsam als Schablone einsetzt. Es sei ein Angebot, über die vielen Toten, die man sich freiwillig allabendlich via Krimi oder Internet ins Haus hole, nachzudenken, so Kern nach der Premiere: “Können wir noch unterscheiden, was gespieltes Verbrechen ist und was nicht?” Geplanter Kinostart ist Ende Mai. Unter dem ironischen Titel “Mörderama” nimmt Kern die fiktive Versuchsanordnung zum Ausgangspunkt, dass die Zuschauer mittels Abstimmungsgerät votieren können, wer als nächstes im Film sterben muss. Mal soll das Kollektiv der Zuschauer einen Punkt auf der Leinwand suggestiv bewegen, mal Kanon singen. Zugleich wird ein vermeintlicher Zuschauer mittels fiktiver Saalkamera beständig eingeblendet.

Im stets selbstreferenziellen Werk wird das Publikum unablässig von den Protagonisten direkt adressiert, als Faschisten und Falschparker beschimpft. Allen voran Hauptfigur Tabea (Susanne Wuest), eine der einst verurteilten Krankenschwestern aus Lainz, die nach ihrer Entlassung nun den Zuschauer terrorisiert. Allerdings ist diese Realitäts- und Zeitebene nur einer der Handlungsstränge des Kern’schen Kosmos, in dem sich nach “Blutsfreundschaft” (2009) auch wieder Helmut Berger für eine kleine Nebenrolle einfindet.

“Wir werden heute die Leinwand aufbrechen”, kündigt einer der Erzähler an. Das Youtube-Video eines Löwen, der seinen Wärter anfällt, wird mit Kaffeewerbung des amtierenden Burgtheaterintendanten Matthias Hartmann kontrastiert. “Wir sollten über den Mörderhund in uns ein bisschen nachdenken”, so Kern im Anschluss an die Erstprojektion seines Werks, dessen kulturkritische Gestaltung seltsam vorgestrig wirkt. “Nehmen Sie das nicht so ernst – das ist Kino, alles Illusion”, hatte er bereits in der Einleitung den wahren Kern von Kerns Wahrheit angesprochen.