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Mit Sonnenstrahlen zeichnen

Die Bludenzer Galerie "allerArt" präsentiert den britischen Künstler Roger Ackling.

Roger Ackling ist glücklich an diesem Morgen. Auf dem Weg in die Galerie hat der britische Künstler ein Kegelstumpf-förmiges Stück Holz gefunden, das einer seiner Skulpturen ähnelt, und im Galerieraum sind seine Werke aufs Schönste durch das indirekte Deckenlicht erhellt.

Strandgut

„Es ist erstaunlich, an zwei Orten auf der Welt ähnliche Dinge zu finden,“ sagt Ackling, der seit 35 Jahren mit Fundstücken aus Holz arbeitet. Zum Kreis um Richard Long und Hamish Fulton zählend, die den Begriff der Skulptur in den 60er-Jahren erweiterten und für sich neu definierten, findet Ackling seine Materialien zumeist auf Spaziergängen am Strand. Angezogen wird der Künstler aber nicht von gewöhnlichem Strandgut.

Vielmehr sind es Dinge, die zu einem früheren Zeitpunkt eine Funktion hatten, bereits von Menschenhand bearbeitet wurden und diese „Zivilisationsspuren“ wie Nägel oder Farbreste immer noch auf sich tragen – ein Stuhlbein, der Deckel einer Holzkiste, eine alte Bürste oder ein Pinsel. Die Bearbeitung der Fundstücke erfolgt mit einem Vergrößerungsglas. Damit fängt der Künstler Sonnenstrahlen ein und „zeichnet“ durch das Einbrennen Punkte, Linien, Strukturen und Formen auf die Oberfläche der Objekte. Der archaische Zeichen-Prozess, der in einer einzigen Sitzung unter freiem Himmel erfolgt, ist meditativ und kraftvoll zugleich, ein Konzentrationsakt.

Gelenkter Blick

Von verschiedenen Faktoren wie Tages- oder Jahreszeit abhängig, kann der Vorgang bis zu acht Stunden in Anspruch nehmen, die scheinbar schnurgerade durchgezogenen Linien nur punktuell unterbrochen durch Wolken, Flugzeuge oder Vögel, die die Brennkraft der Strahlen kurzfristig einschränken. Wie Roger Ackling den Sonnenstrahl lenkt, um seine eingebrannten Sonnenabbilder zu erhalten, so lenkt er in der aktuellen Ausstellung auch unseren Blick.

An der Längsseite des Galerieraumes, aufgereiht wie auf einer Perlenschnur, sind so viele Werkstücke wie nie zuvor versammelt. An der Wand, manche wie kostbare Kleinode auf Mini-Podesten, präsentiert Ackling seine „little sculptures“ in der Augenhöhe von Kindern: die unmissverständliche Aufforderung zum Neu-Sehen und Staunen, der man gerne nachkommt.

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