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Mit den Kühen auf Urlaub

©Ludwig Berchtold
Andelsbuch, Egg - Die Familie Schneider aus Andelsbuch hat das Alpfieber gepackt.

Wenn sie mit ihren Älpler-Familien zum Bergsommer auf die Alp ziehen, dann beginnt für Jung- und Milchvieh die schönste Zeit des Jahres. Bis in den September hinein werden sie auf den blühenden Alp­wiesen weiden. „Man schmeckt die würzigen Kräuter so richtig aus dem Käse und der Butter heraus“, ist Bernadette Schneider überzeugt. Die Schneiders haben auf der Alpe Finne ihr Familienglück gefunden. Drei Monate im Jahr kehren sie dem Alltag in Andelsbuch den Rücken und verbringen mit ihren vier Kindern den Sommer auf der Familienalpe Finne oberhalb von Egg. „Däta“ Reinhard ist schon seit 20. Mai mit 14 Milchkühen, drei Ziegen, neun Sauen, acht Hühnern und Puten sowie einer Katze eine Etage höher, auf 1100 Meter Seehöhe gezogen. Frau Bernadette war mit den Kindern Sarah (11), Elisa (8), Theresa (5) und Jonas (1,5) zunächst nur an den Wochenenden zu Besuch, seit Freitag sind aber auch sie endgültig in ihre zweite Heimat übersiedelt. Zwar drückt Elisa noch die Schulbank, die behinderte Tochter Sarah besucht das Schulheim Mäder – so müssen die Mädchen jeden Morgen die elf Kilometer runter ins Tal gefahren und am Abend wieder abgeholt werden. „Die Zeit bis zum Schulschluss ist noch mit etwas Stress verbunden, doch endlich ist wieder die ganze Familie vereint“, ist Bernadette Schneider der Aufwand wert. Auch wenn sich der heurige Alpsommer nicht von seiner besten Seite zeigt und es an Regentagen in der kleinen Stube oftmals etwas eng wird, überwiegen die angenehmen Dinge. Es sind die Ruhe und Abgeschiedenheit, die sie hier oben genießen. Deshalb gibt es auf Finne auch keinen Fernseher und keinen Computer. „Lange Freundinnengespräche sind hier oben auch nicht möglich“, meint Bernadette Schneider. „Das Handy hat nur Empfang, wenn ich mich sehr weit aus dem Stubenfenster lehne.“

Tradition leben

Und auch die Tradition können die Schneiders hier oben leben: Seit seinem neunten Lebensjahr verbringt der Andelsbucher den Sommer auf der Alp. Zusammen mit seiner Frau Bernadette ist es heuer die zehnte Alpsaison. „Die Familie ist hier oben nah zusammen, das genießen wir sehr“, sagt Reinhard Schneider. „Zwar ist die Saison mit viel Arbeit verbunden, aber dennoch haben wir hier oben weniger Stress.“ Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang dauert ein Arbeitstag, sieben Tage die Woche, von Mitte Mai bis September. Gestartet wird um fünf Uhr morgens. Nach dem Melken kommen die Kühe auf die Weide, die Milch in den kupfernen Sennkessel. Der Sennkessel, das Herz der Alp, befindet sich in der Küche. „Bernadette kocht und ich mache den Käse“, auch deshalb zieht Reinhard Schneider jeden Sommer wieder gerne auf die Alp. Die Milch vom Vorabend und die Morgenmilch werden im Kessel vermengt und nach Familientradition zu Käse und Butter verarbeitet. Jeden Tag werden die Käselaibe aus dem Regal genommen und mit Salz eingerieben. Anschließend müssen die Maschinen gereinigt, der Stall ausgemistet, die Weiden gepflegt und Zäune gemacht werden. Unterstützung bekommt der Älper von den „Pfistern“ Max (12) und Lisa (13). Die Schüler verbringen die Wochenenden und Ferien gemeinsam mit der Familie auf Finne. Der krönende Abschluss eines arbeitsreichen Tages ist für die Familie, wenn sie gemeinsam den Sonnenuntergang genießen können. Aber auch den Tieren soll es so richtig gut gehen. „Gesunder Boden, gesunde Tiere, gesunder Menschen“, lautet die Devise des Senners. „Denn was vorne rein geht, kommt hinten raus.“

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