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Millionenbetrugsverdacht: Ermittlungen gegen vermeintliche 9/11-Opfer

9/11-Opfern wird Betrug vorgeworfen.
9/11-Opfern wird Betrug vorgeworfen. ©AP
New Yorks Behörden ermitteln gegen Dutzende ehemalige Stadtmitarbeiter. Sie sollen als vermeintliche Leidtragende der Anschläge vom 11. September 2001 Millionen Dollar an Behindertenunterstützung bekommen haben.

Er habe Angst vor großen Menschenansammlungen. Das gab ein ehemaliger Angestellter der Stadt New York laut Staatsanwaltschaft in seinem Antrag auf Behindertenunterstützung an. Sein Ersuchen sei erfolgreich gewesen, jahrelang habe er Zehntausende Dollar erhalten. Doch dann sei der Mann in den Fernsehnachrichten zu sehen gewesen – inmitten einer Menschenmenge. Er habe das italienische Süßgebäck Cannoli beim San-Gennaro-Fest im New Yorker Stadtviertel Little Italy verkauft. Das Fest zieht jedes Jahr mehr als eine Million Besucher an.

Zig Millionen Dollar erschlichen

Der Cannoliverkäufer ist nur einer von insgesamt 106 ehemaligen Stadtmitarbeitern, denen von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen wird, insgesamt zig Millionen Dollar an Behindertenunterstützung erschlichen zu haben. Am Dienstag (Ortszeit) informierten die Behörden die Öffentlichkeit.

Polizisten leiden tatsächlich an Schäden

Oftmals hätten die Verdächtigen angegeben, an den Folgen der Terroranschläge vom 11. September 2001 zu leiden. Besonders das ist erschütternd für die New Yorker. Die mutmaßlichen Betrüger behaupteten laut Staatsanwaltschaft etwa, sie hätten Angst vor Flugzeugen. Die Polizisten und Feuerwehrmänner, die nach den Anschlägen zum World Trade Center eilten, gelten als Helden. Viele von ihnen trugen tatsächlich dauerhafte körperliche und psychische Schäden davon.

Verdächtige wiesen Schuld ab

“Als New Yorker und als Bürger der USA kann ich nur meine Abscheu diesen Menschen gegenüber zum Ausdruck bringen”, sagte Polizeichef William Bratton. Die Verdächtigen hingegen bekannten sich als nicht schuldig, als sie am Dienstag einem Richter vorgeführt wurden.

Vier Drahtzieher 

Die mutmaßlichen Betrüger täuschten den Angaben der Staatsanwaltschaft nach psychische Krankheiten vor, lautet die Anschuldigung. Vier Drahtzieher organisierten demnach den Schwindel, kassierten Provisionen und hämmerten den Antragstellern auch ein, wie sie sich bei Tests verhalten sollen.

Jahrelanger Betrug

“Ich schlafe immer wieder ein”, “Ich brauche den Fernseher, um Gesellschaft zu haben” oder auch: “Meine Familie sagt, ich muss mich mehr um meine Körperpflege kümmern” – diese und andere Standardphrasen benutzten die vier Hauptbeschuldigten beim Ausfüllen der Anträge, sagen die Staatsanwälte. Auch sollten die Antragsteller auf Anweisung absichtlich Wörter falsch buchstabieren und einfache Rechenaufgaben vermasseln. Jahrelang funktionierte den Ermittlern zufolge der Betrug.

Soziale Netzwerke für Ermittlungen

Nicht bedacht hatten die mutmaßlichen Schwindler wohl die Reichweite der Sozialen Netzwerke. Die Polizei durchforstete den Angaben zufolge die Facebook- und Twitteraccounts von Hunderten Verdächtigen. Auf einem Foto etwa lacht ein Mann in die Kamera und hat einen riesigen Hochseefisch unter dem Arm. Das Anglerglück war ihm wohl hold. Der Mann hatte laut Staatsanwaltschaft bei seinem Antrag auf Krankengeld angegeben, er leide unter Panikattacken und könne das Haus nicht verlassen. Ein anderer Beschuldigter verließ einem Bericht der “New York Times” zufolge den Polizeidienst mit einer Nackenverletzung. Und dann habe er ein Kampfsportstudio eröffnet, in dem er auch selbst unterrichtete. (dpa)
 

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