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Milliardenbetrug mit KI-Werbung: Europas neue Schattenwirtschaft

©Canva/Symbolbild
Gefälschte Investment-Videos, prominente Gesichter und dubiose Plattformen: Über soziale Netzwerke locken kriminelle Netzwerke Tausende Menschen in eine perfide Betrugsmasche.

Tausende Europäerinnen und Europäer verlieren jedes Jahr ihr Geld an betrügerische Investmentplattformen. Die Masche beginnt meist mit einer scheinbar seriösen Werbeanzeige auf sozialen Netzwerken – versehen mit dem Gesicht eines bekannten Politikers oder Prominenten.

Die Inhalte sind manipuliert oder von Künstlicher Intelligenz erzeugt. Wer darauf klickt, landet bei einer gefälschten Anmeldeseite und wird kurz darauf von angeblichen Finanzberatern kontaktiert.

Einstieg über gefälschte Werbung

Die Täter versprechen hohe Gewinne durch einfache Investitionen, häufig unter Verweis auf angeblich staatlich unterstützte Programme. Eingezahlte Beträge erscheinen auf betrügerischen Webseiten als wachsendes Guthaben – ein Auszahlungsversuch endet jedoch meist im Nichts. Für viele Betroffene wird der Verlust erst deutlich, wenn Zehntausende Euro überwiesen wurden.

Laut EU-Kommission verlieren Bürgerinnen und Bürger in der Europäischen Union jährlich über vier Milliarden Euro durch Online-Finanzbetrug, der oft über Plattformen wie Facebook, Instagram oder TikTok beginnt. Die Anzeigen verletzen in vielen Fällen die eigenen Richtlinien der Betreiber – sie bleiben dennoch online.

KI verstärkt Täuschung

Die Betrüger nutzen Deepfake-Technologie, um glaubwürdige Videos zu produzieren. Politikerinnen und Prominente werden ohne deren Wissen als vermeintliche Unterstützer präsentiert. In manchen Fällen greifen die Täter auch auf gehackte Konten zurück, um ihre Inhalte über bezahlte Werbekampagnen zu verbreiten. Die Anzeigen sind oft nur für wenige Stunden online, verändern regelmäßig ihre Form und umgehen so automatische Erkennungssysteme.

Mehrere Ermittlungsbehörden in Europa – darunter in Deutschland, Irland, Israel und Bulgarien – haben bereits Netzwerke aufgedeckt, die gezielt mit Callcentern und Online-Plattformen operieren. Opfer gibt es in ganz Europa, auch in Österreich. Die Zentralstelle Cybercrime Bayern geht allein in Deutschland von jährlichen Schäden in Milliardenhöhe aus.

Plattformen unter Beobachtung

Die EU hat Plattformen wie Meta und Google bereits mehrfach aufgefordert, transparenter gegen betrügerische Inhalte vorzugehen. Aktuell läuft ein Verfahren gegen Meta wegen möglicher Verstöße gegen den Digital Services Act. Kritisiert wird insbesondere, dass oft nicht erkennbar ist, wer hinter einer Anzeige steht – obwohl Plattformen laut Gesetz dazu verpflichtet wären.

Ein Vorschlag, die Identität von Werbekunden künftig verpflichtend zu überprüfen, scheiterte im Frühjahr im EU-Rat. Während Google laut eigenen Angaben bereits ein System zur Werbekunden-Verifikation einsetzt, äußerte sich Meta bislang nicht zu den Vorwürfen.

Strukturierte Gegenwehr fehlt

Trotz einzelner Fortschritte bei der Aufklärung, bleibt die Regulierung hinter der technischen Entwicklung zurück. Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz macht es den Tätern zunehmend einfacher, ihre Methoden zu verschleiern. Viele Anzeigen sind inhaltlich kaum noch von echten Empfehlungen zu unterscheiden.

Die bestehenden Meldesysteme sind bislang nur unzureichend ausgebaut. Europaweit sind derzeit 46 Organisationen als sogenannte "Trusted Flagger" anerkannt – nur ein Teil davon ist auf Finanzbetrug spezialisiert. Während sich Betrugsnetzwerke rasant weiterentwickeln, fehlt es an Ressourcen und verbindlichen Vorgaben für Plattformen.

(VOL.AT)

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