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Merkel kritisiert Unionsabstimmung mit AfD

Merkel kritisiert das Vorgehen ihrer Partei.
Merkel kritisiert das Vorgehen ihrer Partei. ©AFP
Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat das Vorgehen der Union kritisiert, die ihren Antrag zur Verschärfung der Migrationspolitik mit Stimmen der AfD durchgesetzt hat.
Deutschland verschärft die Migrationspolitik

In einer von ihrem Büro veröffentlichten Erklärung verweist sie auf eine frühere Aussage von Fraktionschef Friedrich Merz (CDU), nur mit SPD und Grünen zuvor vereinbarte Entscheidungen auf die Tagesordnung zu setzen, damit keine Mehrheit mit der AfD zustande kommt. "Dieser Vorschlag und die mit ihm verbundene Haltung waren Ausdruck großer staatspolitischer Verantwortung, die ich vollumfänglich unterstütze."

Merkel hält Vorgehen "für falsch"

Merkel fügte hinzu: "Für falsch halte ich es, sich nicht mehr an diesen Vorschlag gebunden zu fühlen und dadurch am 29. Januar 2025 sehenden Auges erstmalig bei einer Abstimmung im Deutschen Bundestag eine Mehrheit mit den Stimmen der AfD zu ermöglichen."

Stattdessen sei es erforderlich, "dass alle demokratischen Parteien gemeinsam über parteipolitische Grenzen hinweg, nicht als taktische Manöver, sondern in der Sache redlich, im Ton maßvoll und auf der Grundlage geltenden europäischen Rechts, alles tun, um so schreckliche Attentate wie zuletzt kurz vor Weihnachten in Magdeburg und vor wenigen Tagen in Aschaffenburg in Zukunft verhindern zu können".

Antrag zur Zurückweisung von Asylsuchenden an den Grenzen

Der Bundestag hatte am Mittwoch einem Antrag der Union zugestimmt, der Zurückweisungen von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen vorsieht. Dafür stimmten 187 Abgeordnete der Union, 75 AfD-Abgeordnete sowie 80 Angehörige der FDP-Fraktion und 6 Fraktionslose. Zusammen sind das 348 Stimmen. 344 Abgeordnete stimmten dagegen.

Hohe Hürden für Parteiverbot in Deutschland - Stärkung der AfD?

Am Donnerstagnachmittag befasst sich der Deutsche Bundestag übrigens erstmals mit zwei Anträgen, die auf ein Verbot der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD) zielen. Die Initiativen sind umstritten, denn die Hürden für ein Parteiverbot sind hoch. Eine Verabschiedung vor der Wahl am 23. Februar gilt zudem als unwahrscheinlich. Ein Überblick:

Wer kann ein Parteiverbot beantragen?

Beantragen können ein Verbot die Verfassungsorgane Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung. Im Bundestag ist dafür eine Mehrheit der Parlamentarier nötig - dies wären derzeit 367 Abgeordnete. Über das Verbot entscheiden kann dann nur das Bundesverfassungsgericht. Notwendig ist dort eine Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Karlsruher Gerichtssenats.

Was sind die Voraussetzungen für ein Parteiverbot?

Eine Partei kann in Deutschland laut Artikel 21 Grundgesetz nur verboten werden, wenn sie die "freiheitlich demokratische Grundordnung" beeinträchtigen oder beseitigen will und damit verfassungswidrig ist. In einem Urteil von 1956 fordert Karlsruhe dafür eine "aktiv kämpferisch-aggressive Haltung", mit der diese Ordnung beseitigt werden soll. Zudem muss es laut Gericht konkrete Anhaltspunkte dafür geben, dass ein Erreichen der verfolgten verfassungsfeindlichen Ziele nicht völlig aussichtslos erscheint.

Welche Parteiverbote gab es bisher?

Seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurden zwei Parteien verboten: 1952 die Sozialistische Reichspartei, die 1949 als Sammelbecken für Ex-Mitglieder der NSDAP gegründet worden war, und 1956 die stalinistische Kommunistische Partei Deutschlands (KPD).

Warum wurde die NPD nicht verboten?

Ein Verbot der rechtsextremen NPD hatte das Bundesverfassungsgericht Anfang 2017 abgelehnt. Karlsruhe attestierte der Partei damals zwar verfassungsfeindliche Ziele. Sie sei aber zu unbedeutend, um die Demokratie zu gefährden.

Anfang 2024 entschied das Gericht dann aber, die inzwischen in Die Heimat umbenannte NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung auszuschließen. Diese Möglichkeit gibt es seit 2017. Anders als beim Verbot ist dabei nicht entscheiden, ob die Partei ihre staatsgefährdenden Ziele auch erreichen kann.

Welche Initiativen zur AfD liegen nun vor?

Es gibt zwei Anträge, die im Herbst vorgestellt wurden: eine fraktionsübergreifende Initiative wird von 124 Abgeordneten von Union, SPD, Grünen und Linken um den CDU-Abgeordneten Marco Wanderwitz unterstützt. Sie verlangen, dass die Verfassungswidrigkeit der AfD festgestellt und das Vermögen der Partei für gemeinnützige Zwecke eingezogen wird. Für den Fall, dass es nicht für ein Parteiverbot reicht, soll die AfD zumindest von der staatlichen Finanzierung ausgeschlossen werden.

Der zweite Antrag will zunächst eine Prüfung vorschalten, ob ein solches Verbotsverfahren wirklich Aussichten auf Erfolg hätte. Dazu soll Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) Gutachter bestellen. Diese Initiative wird von gut 40 Grünen-Abgeordneten um die ehemalige Bundesministerin Renate Künast unterstützt.

Wie argumentieren die Befürworter eines direkten Verbotsverfahrens?

Die Initiatoren des fraktionsübergreifenden Antrags werfen der AfD vor, sich zunehmend planvoll "gegen zentrale Grundprinzipien der freiheitlich demokratischen Grundordnung" wie Demokratie und Menschenwürde zu wenden. In der Begründung wird unter anderem auf die Forderung nach "Remigration" auch von deutschen Staatsbürgern mit Migrationshintergrund sowie auf Äußerungen verwiesen, welche die Menschenwürde von Migranten, Muslimen und sexuellen Minderheiten verletzten. Darüber hinaus gebe es aus den Reihen der AfD "immer wieder "Bagatellisierungen der monströsen nationalsozialistischen Verbrechen".

Warum fordert der andere Antrag erst eine Prüfung?

Die Unterstützerinnen und Unterstützer befürchten, dass ein nicht ausreichend vorbereiteter Verbotsantrag scheitern könnte. Auch wenn die AfD auf Bundesebene bereits ein rechtsextremistischer "Verdachtsfall" sei und Verfassungsschutzbehörden in mehreren Ländern dortige Verbände als gesichert rechtsextrem eingestuft hätten, reiche dies allein nicht, "um jetzt einen - aussichtsreichen - Verbotsantrag zu stellen", heißt es in dem Antrag. Es sei zuerst nötig, "sich jetzt das Material für eine gründliche Prüfung zu verschaffen und dann auf Grund einer fundierten Begutachtung über das Stellen eines Verbotsantrages zu entscheiden".

Wird über die Anträge noch vor der Wahl entschieden?

Das gilt als unwahrscheinlich. Nach dieser Woche sind vor der Wahl nur noch zwei Sitzungstage des Bundestags im Februar angesetzt. Die Initiatoren wollen zudem erst eine Abstimmung herbeiführen, wenn sie sicher sind, auch eine Mehrheit zu erhalten. Nach derzeitigem Stand ist davon selbst der fraktionsübergreifende Antrag noch mehr als 200 Stimmen entfernt. Kommt es nicht zur Abstimmung, müssten die Anträge in der neuen Legislaturperiode erneut ins Parlament eingebracht werden, um ein AfD-Verbot voranzutreiben.

(dpa, APA/AFP)

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