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Mehrheit für Immunitätsgesetz erwartet

Im italienischen Abgeordnetenhaus hat sich am Mittwoch erwartungsgemäß eine klare Mehrheit für das Immunitätsgesetz abgezeichnet.

Der laufende Korruptionsprozess gegen Ministerpräsident Silvio Berlusconi würde damit hinfällig.

Die Regierungsmehrheit lehnte am Mittwoch mehrere Änderungsanträge der Opposition ab. Das abschliessende Votum war für den Abend geplant. Der Senat hatte bereits zuvor zugestimmt.

Die linke Opposition sprach von einer „Lex Berlusconi“ und kündigte Proteste an. Sie wehrte sich dagegen, dass das neue Gesetz auch für bereits laufende Verfahren gilt. Berlusconi warf sie vor, er missbrauche seine breite Parlamentsmehrheit, um im Eiltempo „massgeschneiderte Gesetze“ zu erlassen.

Kommentatoren in Rom meinten, Berlusconi wolle mit dem neuen Gesetz verhindern, dass die im Juli beginnende EU-Präsidentschaft Italiens durch eine Verurteilung überschattet wird. Bereits ein Plädoyer der Staatsanwaltschaft mit der Forderung nach einer Haftstrafe wäre peinlich.

Nach dem neuen Gesetz dürfen Politiker nicht juristisch verfolgt werden, solange sie in höchsten Staatsämtern sind. Dies gilt für den Staatspräsidenten, den Regierungschef, die Vorsitzenden der beiden Parlamentskammern und den Präsidenten des Verfassungsgerichts. Eine Immunität für Parlamentarier nach üblichem westlichem Muster steht dagegen nicht zur Diskussion.

Ohne das neue Gesetz droht dem 66-jährigen Berlusconi eine erstinstanzliche Gefängnisstrafe wegen Richterbestechung in Mailand. Dabei geht es um einen Justizstreit Anfang der 90er Jahre im Zuge eines Übernahmekampfes zwischen dem Unternehmer Berlusconi und seinem Rivalen Carlo de Benedetti.

Berlusconi selbst wirft „roten Richtern“ und linken Staatsanwälten seit langem vor, sie führten eine Kampagne gegen ihn, um seine Mitte-Rechts-Regierung zu stürzen.
Vor zehn Jahren abgeschafft

Italien hatte die Immunität für Politiker und Parlamentarier 1993 im Zuge von zahlreichen Korruptionsskandalen abgeschafft. Damals hatten Staatsanwälte des Mailänder Richterpools „Mani pulite“ (Saubere Hände) gegen zahlreiche Politiker ermittelt und dadurch die italienische „Schmiergeld-Republik“ zu Fall gebracht.

Berlusconi hatte erst am Dienstag vor dem Mailänder Gericht gesagt, die Anklage der Richterbestechung sei ein Produkt der Fantasie.

Gegen Berlusconi liefen in den vergangen Jahren zeitweise ein halbes Dutzend Verfahren. Zweimal gab es in erster Instanz Gefängnisstrafen. Er musste aber nicht in Haft, weil in Italien dazu ein Urteil in dritter Instanz notwendig ist.

Später verjährten einige Verfahren, andere wurden niedergeschlagen oder endeten mit Freispruch. Alle Prozesse bezogen sich auf die Zeit, bevor Berlusconi Anfang der 90er Jahre in die Politik ging.

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