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Großbritannien votierte für EU-Austritt

EU-Gegner führen mit rund 500.000 Stimmen
EU-Gegner führen mit rund 500.000 Stimmen ©APA/AFP
Die Briten haben mit 51,9 Prozent für den Austritt aus der Europäischen Union gestimmt. Insgesamt hätten 17,4 Millionen Menschen für den Brexit votiert, teilten die britischen Behörden Freitag früh nach Auszählung aller 382 Wahlbezirke mit.

16,1 Millionen Menschen und damit 48,1 Prozent der Beteiligten stimmten dagegen für den Verbleib. Großbritannien ist damit das erste Land, das die EU verlässt.

Liveticker nach dem “Brexit”

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Pfund fiel auf tiefsten Stand seit 1985

Die Aussicht auf einen Brexit hat das britische Pfund auf den tiefsten Stand seit mehr als 30 Jahren gedrückt. Am frühen Freitagmorgen fiel die britische Währung erstmals seit 1985 unter die Marke von 1,35 US-Dollar.

In den ersten Handelsstunden des Tages hatte das Pfund wegen der Hoffnung auf einen Verbleib in der Europäischen Union zeitweise noch etwas mehr als 1,50 Dollar gekostet.

Aktuell deutet jedoch vieles auf einen Sieg des Brexit-Lagers hin. Nach Auszählung von zwei Dritteln der Wahlkreise liegen die EU-Gegner vorn.

Ölpreise um 6 Prozent gefallen

Die Ölpreise haben am Freitag im frühen Handel angesichts des drohenden Austritts der Briten aus der Europäischen Union deutlich verloren. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im August kostete in der Früh 47,92 US-Dollar (42,1 Euro). Das waren gut 5,87 Prozent weniger als am Vortag.

Der Preis für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) zur Lieferung im August fiel zuletzt 6,03 Prozent auf 47,09 US-Dollar.

Ein Austritt der Briten könne zu weltweiten Konjunktursorgen führen, was sehr schlecht für den Ölmarkt ist, sagte ein Analyst in Melbourne.

Finanzmärkten droht ein “Black Friday”

Brexit-Schock für Europa und die Finanzmärkte: Der Austritt der Briten aus der EU, der in letzten Umfragen noch abgewendet schien, dürfte für einen “Black Friday” sorgen. Der Broker IG taxierte den deutschen Leitindex gut zwei Stunden vor Handelsbeginn um 8 Prozent tiefer bei 9.435 Punkten.

Die Anleger werden klar auf dem falschen Fuß erwischt: Seit Mitte der Vorwoche war der Dax in zunehmender Hoffnung auf einen Verbleib der Briten noch um fast 9 Prozent nach oben gesprungen. Nun droht ein historischer Einbruch. Der bislang schwärzeste Tag war 1989 mit einem Rutsch um 12,81 Prozent. Um diesen Negativrekord einzustellen, müsste der DAX aber deutlich unter 9.000 Punkte abrutschen.

Bei weltweit einbrechenden Aktienmärkten flüchteten die Anleger in sichere Häfen. Vor allem der Yen blieb als Fluchtwährung gesucht. Das Pfund wertete gegenüber der japanischen Währung um bis zu 15 Prozent ab. Auch Gold und Anleihen waren in der Früh gefragt.

Sinn Fein fordert Abstimmung über Wiedervereinigung Irlands

Die irisch-nationalistische Partei Sinn Fein fordert nach dem Brexit-Referendum in Großbritannien eine Abstimmung über eine Wiedervereinigung Irlands. Ein solches Referendum zur Abschaffung der irischen Grenze sei ein “demokratischer Imperativ”, sollte Nordirland für einen Verbleib in der Europäischen Union gestimmt haben.

Das berichtete unter anderem der Sender Sky News Freitag früh unter Berufung auf Parteiquellen. “Die britische Regierung hat (…) jedes Mandat, die Interessen der Menschen in Nordirland zu repräsentieren, verloren”, zitierte die “Irish Times” den Sinn-Fein-Vorsitzenden Declan Kearney.

Nordirland hat der BBC zufolge mit 55,7 Prozent für einen Verbleib in der EU gestimmt. Das Brexit-Lager schnitt damit aber stärker ab als erwartet.

Kurz: Kein Stein wird auf anderem bleiben

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) hat sich am Freitag im Ö1-Morgenjournal in einer ersten Reaktion in London schockiert und überrascht über die Abstimmung der Briten über einen Austritt aus der Europäischen Union (Brexit) gezeigt. Wenn eines der größten EU-Mitgliedsländer aus der EU austrete, könne “kein Stein auf dem anderen bleiben”. Die Abstimmung der Briten sei “definitiv ein Erdbeben”.

“Die EU wird überleben”, so Kurz. Es sei aber notwendig, dass sich die EU schnell neu aufstelle, wenn sich ein solches Referendum nicht in einem anderen EU-Land wiederholen soll. Es werde sich sehr viel in der EU ändern müssen, und das Tempo und Ausmaß dieser Veränderung müssten “enorm” sein. Die EU müsse ihre zentralen Probleme lösen, wie etwa das Thema Migration. Ebenso müsse es eine Diskussion über die Institutionen geben. Es gelte, mit “kühlem Kopf” an der Neuaufstellung der EU zu arbeiten. “Ein Dominoeffekt auf andere Länder ist nicht auszuschließen”, sagte Kurz.

Steinmeier: “Trauriger Tag für Europa und Großbritannien”

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat sich enttäuscht über den Ausgang des Brexit-Referendums geäußert. “Die Nachrichten aus Großbritannien sind wahrlich ernüchternd”, sagte Steinmeier am Freitag in Berlin. “Es sieht nach einem traurigen Tag für Europa und für Großbritannien aus.”

Der SPD-Politiker wird am Freitag zu einem EU-Ministertreffen in Luxemburg erwartet, bei dem über die Folgen des Referendums beraten werden soll. Am Samstag kommen in Berlin die Außenminister der sechs EU-Gründerstaaten (Deutschland, Frankreich, Italien und die Benelux-Länder) zusammen.

(APA)

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