Zwar war das Interstitium als festes Gewebe schon bekannt. Doch nun berichteten US-Forscher im Fachblatt “Scientific Reports” von einem Netz von Hohlräumen darin, die Flüssigkeit enthalten und den Körper durchziehen.
Hohlräume bis jetzt unentdeckt
Die Hohlräume waren den Forschern zufolge bisher unentdeckt geblieben, weil die chemische Fixierung von Gewebeproben zwar Zellelemente und Strukturen bewahrt, ihnen aber viel Flüssigkeit entzieht, so dass das Netzwerk kollabiert. Daher gingen Forscher bisher davon aus, dass es sich um dichtes Gewebe handle, nicht um Hohlräume, die mit Flüssigkeit gefüllt sind.
Dramatischer Fortschritt
“Der durch die Fixierung entstandene Kollaps hat dafür gesorgt, dass das flüssigkeitsgefüllte Gewebe, das den ganzen Körper durchzieht, jahrzehntelang in Biopsieproben fest erschien”, sagt Studienleiter Neil Theise vom Mount Sinai Beth Israel Medical Center in New York. “Diese Erkenntnis hat das Potenzial für dramatische Fortschritte in der Medizin, darunter die Möglichkeit, dass Proben der Interstitialflüssigkeit ein wichtiges Diagnosewerkzeug werden.”
Body-wide network of fluid-filled compartments could be our next new “organ”: https://t.co/t45C41INK3 via @researchgate
— neil theise (@neiltheise) 27. März 2018
Anscheinend dienen die winzigen Kanäle unter anderem als Puffer, wenn sich Gewebe zusammenzieht oder ausdehnt, um die Elastizität zu gewährleisten. Die Forscher vermuten auch, dass etliche Stoffe sich durch das Netzwerk verbreiten können, darunter Signalstoffe wie Hormone oder auch Krebszellen.
Hohlräume 2015 erstmals gefunden
Das Team um Theise kam der Entdeckung mit einem relativ jungen Verfahren auf die Spur. Mit der sogenannten Konfokalen Laserendomikroskopie (CLE) lässt sich lebendes Gewebe genau untersuchen. Mit dem Verfahren hatten Ärzte des Krankenhauses 2015 den Gallengang eines Patienten analysiert. Dabei entdeckten sie miteinander verbundene Hohlräume, die noch nicht anatomisch beschrieben waren.
Bei der späteren pathologischen Untersuchung war die netzartige Struktur dann verschwunden. Weitere Analysen dieser fixierten Proben zeigten, dass bestimmte Strukturen Rückstände der kollabierten Hohlräume waren. Andere Untersuchungen zeigten, dass das System den ganzen Körper durchzieht. Würde man das Interstitium als Organ betrachten, würde es zu den größten im Körper zählen.
Interstitium dürfte zahlreiche Aufgaben haben
Christian Trautwein, Sprecher der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) vermutet, dass das Netz nicht nur als mechanischer Puffer dient, sondern auch eine Abwehrfunktion hat und Stoffe durch den Körper transportiert. Dies zu klären werde aber noch länger dauern, weil das Interstitium vermutlich je nach Organ verschiedene Aufgaben erfülle. So sei die Grenzfläche etwa im Verdauungstrakt zusätzlich wahrscheinlich sowohl an der Aufnahme von Nährstoffen beteiligt als auch an der Abwehr von Infektionen.
(APA/dpa)
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