Mayer will Ausbildungs-Zentralisierung und PVE-Offensive

"Ich bin dafür, dass man bessere Bedingungen für nachher, also die Zeit nach dem Studium, schafft. Und nicht Verpflichtungen für die Studentinnen und Studenten einführt", betonte der Mediziner, der mit 1. Oktober auf Wolfgang Fleischhacker an der Spitze der Innsbrucker Medizinischen Universität folgt. Mayer sprach sich damit gegen von verschiedenster politischer Seite immer wieder aufgeworfene Modelle aus, inländische wie auch ausländische Studenten zumindest für eine bestimmte Zeit dazu zu verpflichten, im "solidarischen öffentlichen Gesundheitssystem" tätig zu sein: "Das ist rechtlich sehr, sehr schwierig. Ich bin da sehr skeptisch. Es wäre wirklich nur der letzte Ausweg. Ich glaube nicht, dass das motivieren würde. Ich bin aber dafür, dass man die Leute motiviert - und nicht mit dem erhobenen Zeigefinger operiert."
"Die Leute wollen gut ausgebildet werden"
Es müsse alles daran gesetzt werden, die Zahl jener Studierenden zu verringern, "die danach nicht ins österreichische Gesundheitssystem gehen". In Österreich sei das eine "höhere dreistellige Zahl an Absolventen". Die "Schwachstellen in unserem System" müssten ausgemerzt werden, so Mayer: "Es braucht qualitativ hochwertige Ausbildungsplätze an mehreren Standorten." Hier sei eine Strukturreform vonnöten - mit einem Ausbildungsfokus auf die großen bzw. größeren Krankenhäuser und Uni-Kliniken. "Größere Krankenanstalten haben größere Ausbildungsmöglichkeiten. Kleinere, periphere Häuser sind als Ausbildungsstandorte nicht so gefragt. Es wird empfunden, dass Teile der Ausbildung dort nicht optimal verlaufen", erklärte Mayer. Führe man hier eine "Zentralisierung" durch, könne man junge Menschen mit gerade abgeschlossenem Studium viel besser "abholen" und "im System halten", zeigte sich der Rektor überzeugt, denn: "Die Leute wollen gut ausgebildet werden. Und sie kommen aus einer universitären Umgebung." Letztlich würden davon in weiterer Folge auch die peripheren Krankenhäuser profitieren, weil dann viele Kollegen nach fertiger Ausbildung bereit wären, dorthin zu wechseln, glaubte Mayer.
Zu den "Schwachstellen" gehörten etwa auch Wartezeiten nach dem Studium. So entstehe etwa im Bereich des neunmonatigen Basisjahrs an einer Krankenanstalt aufgrund zu weniger Plätze in den Spitälern ein "Flaschenhals". Auch aufgrund teilweiser Überschneidungen der Ausbildungsinhalte mit dem Studium plädierte der 66-jährige Neo-Rektor und Nephrologe hier für eine Abschaffung.
PVE immer wichtiger, bei Studienplätzen "Plafonds erreicht"
Ein "Gefühl oder ein tatsächlich bestehender Mangel in der Versorgung" entstehe auch durch den vorhandenen Trend hin zum Wahlarztsystem, räumte der gebürtige Niederösterreicher ein. Eine wesentliche Maßnahme für ihn, um dem entgegenzuwirken: Die stärkere Schaffung von Primärversorgungseinheiten (PVE). Alle Stakeholder - darunter Ärztekammer, Gesundheitsministerium und Krankenkasse - müssten sich klar dazu bekennen. Dadurch würde nicht nur die Tätigkeit im niedergelassenen Bereich attraktiver und die Versorgungsstruktur dort gestärkt, sondern auch der stationäre Bereich in den Krankenhäusern "massiv entlastet", war sich Mayer sicher.
Keinesfalls in den Griff bekommen könne einen gefühlten oder tatsächlichen Versorgungs- bzw. Ärztemangel hingegen ein Ausbau der Studienplätze, wie regelmäßig gefordert. Die Universitäten könnten dieses Problem nicht lösen, war der Rektor ganz auf Linie seiner Kollegen. Schließlich müssen die jungen Menschen auch nach dem Studium weiter ausgebildet werden. Bei einer signifikanten Erhöhung der Plätze würden daher später die Spitäler teilweise an ihre Ausbildungsgrenzen kommen und wohl die Qualität der Ausbildung sinken. "Der Plafonds ist erreicht", gab Mayer klar zu verstehen.
Bei Zahnärztemangel Quoten-Forderung notwendig, aber noch kein Alarmismus
Im Bereich der Zahnärzte sah der Rektor aufgrund der aufgehobenen Quotenregelung bei den Studienplätzen noch keinen Grund für Alarmismus, mahnte aber zur Wachsamkeit. Die 2019/20 auf Drängen der EU-Kommission erfolgte Aufhebung der Quote mit einem fixen Österreicher-Anteil "kann zu einem Engpass führen". "Wir haben derzeit wieder mehr nicht-österreichische Studierende. Mal schauen, ob die danach bleiben oder nicht. Die Aufhebung des Kontingents wird sich wohl erst in drei, vier Jahren auswirken." Sollte jedenfalls der "Trend eindeutig sein" und sich ein "Mangel ergeben", müsse Österreich der EU eine gefährdete Versorgung belegen. "Man hätte aber die rechtliche Handhabe, eine Quote zu fordern. Es wäre dann auch notwendig, eine solche Kontingentierung anzustreben", machte Mayer klar.
Gegen große Änderungen bei Aufnahmetests
Der neue MedUni-Rektor trat unterdessen - wie auch von der Universitätenkonferenz (uniko) deponiert - für eine Verlängerung der bis Ende 2027 zur Verlängerung anstehenden Zugangsbeschränkungen ein: "Wir haben, was Kapazitäten betrifft, Grenzen." Was die Medizin-Aufnahmetests angeht, sprach er sich gegen große Änderungen aus. Er sei für "kontinuierliche Adaptierungen", aber die Tests würden ohnehin bereits "kontinuierlich weiterentwickelt". Das Aufnahmeverfahren habe sich jedenfalls bewährt. Skeptisch zeigte sich Mayer, was die von Regierungsseite ventilierten Pläne nach mehr Gewicht für soziale Kompetenzen oder Anrechnung von beruflichen Vorerfahrungen betrifft: "Die soziale Treffsicherheit würde dadurch nicht unbedingt erhöht." Auch könnte die Gefahr der "Willkür" entstehen.
Mayer für "Champions League"-Cluster
Was die zu erarbeitende "Hochschulstrategie 2040" betrifft, sprach sich der Rektor für das "Denken in größeren Einheiten" aus. Er plädiere für verstärkte "Cluster-Bildungen" zwischen den Medizinischen- und anderen Universitäten, etwa im Bereich der neurodegenerativen Erkrankungen. "Es braucht eine gewisse Masse, um Dinge umzusetzen. Und Kollaboration für internationale Sichtbarkeit", so Mayer. Nur so könne man auch wirkliche internationale Top-Kapazunder anlocken. "Das ist wie im Fußball. Man muss Champions League spielen, um die großen Namen zu bekommen. Wenn ich jemanden aus Stanford herholen will, brauche ich ein Angebot mit Nobelpreisträger-Niveau."
Die Innsbrucker MedUni mit 3.800 Studierenden und 2.300 Mitarbeitern habe sich jedenfalls in den acht Jahren unter der Führung seines Vorgängers Fleischhacker "sehr gut entwickelt und konsolidiert", konstatierte der für vier Jahre gewählte Mayer. Darauf wolle er aufbauen und "gemeinsam weiterentwickeln". Auch mit neuen Forschungsschwerpunkten, etwa im Bereich der kardiovaskulären Erkrankungen. Mit einer notwendigen neuen Sicht auf die Lehre, vor allem angesichts von Künstlicher Intelligenz (KI). Und in der andauernden Notwendigkeit, einen "Spagat" in der Zusammenarbeit mit den landeseigenen tirol kliniken zu schaffen. Bis dato sei letzteres gut gelungen. Und dort, wo es Probleme gegeben habe - Stichwort Streitigkeiten rund um die Pathologie - zeigte sich der Rektor zuversichtlich, dass in absehbarer Zeit endgültig ein gemeinsamer Weg gefunden sein wird.
(APA)
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