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Max Giesinger stellt die große Frage des Lebens

Max Giesinger entspannt in Wien: "geile Stadt"
Max Giesinger entspannt in Wien: "geile Stadt" ©APA/Wolfgang Hauptmann
Max Giesinger kennt die Sucht nach mehr: "Ich war früher viel getriebener und mit mir nicht im Reinen", sagte der deutsche Sänger und Songschreiber im APA-Interview. "Ich habe Bestätigungen von außen gesucht. Das hat sich geändert, auch mit dem Wissen, dass ich schon einiges geschafft habe. Alles, was ich erreichen wollte, habe ich eigentlich übertroffen." Daher nahm er sein neues Album "Glück auf den Straßen" für ihn selbst auf und nicht, um Algorithmen zu bedienen.

"Mit dem Album geht es ein bisschen zurück zu meinen Wurzeln", erzählt der 36-Jährige auf der Terrasse eines Wiener Hotels und wirkt dabei relaxt. "Ich habe mit meiner Mutter früher während Cabriofahrten immer supergeile Musik gehört. Wir hatten so ein altes Golf Cabrio. Da liefen 70er- und 80er-Songs von Pink Floyd, Eric Clapton, Bruce Springsteen und Fleetwood Mac. Ich wollte mich bei ein paar Elementen dieser Zeit bedienen, eine Roadtrip-Platte machen, die man von vorne bis hinten entspannt durchhören kann - also ein bisschen gegen das Konzept, dass man nur mehr Singles macht."

Musik mit Flow

Wobei er die genannten Acts keinesfalls kopieren wollte. "Glück auf den Straßen" klingt unverkennbar nach Giesinger: "Es ging darum, Musik mit Flow zu machen, die nicht überproduziert ist und einen nicht so anschreit. Zurückgelehnte, entspannte Musik. Das ist es." In Zeiten, in denen TikTok die Charts mitbestimmt, sei es natürlich schwer für Künstler, gewisse Kriterien außen vor zu lassen. "Aber ich habe mich gefragt: Spiele ich da mit, oder mache ich einen Gegenentwurf? Ich hatte keine Lust, meine Musik Algorithmen zu unterwerfen, das hat nichts mehr mit Kunst zu tun. Wo kommen wir mit unserer Musik hin, wenn wir auf Computer hören?"

Bei "Glück auf den Straßen" (ab Freitag im Handel) gehe es in den Texten auch um "ein bisschen innehalten und ankommen", sagt Giesinger. "Jedes meiner Alben hat ein Bewegungsmuster drin. Dieses auch, aber es ist zugleich eine Platte, wo ich sage: Es kann mal gut und nicht immer alles getrieben sein. Man kann auch mal das Hier und Jetzt genießen und muss nicht Probleme suchen."

Um zu diesem Ergebnis zu kommen, hat Giesinger auf die Stopptaste gedrückt. Die Zeit davor bezeichnet er als "brutalen Ritt". "Es hat Spaß gemacht, alles mitzunehmen. Aber ich war irgendwann satt, nachdem ich überall gespielt habe. Manche Jahre war ich 250 Tage unterwegs und habe 120 bis 140 Konzerte gespielt. Da entstand das Bedürfnis, ein bisschen runterzufahren, mal wieder ein bisschen mehr Privatleben und für Familie und Freunde Zeit zu haben." Daher mussten Fans vier Jahre auf ein neues Werk warten.

Die große Frage des Lebens

Im Pressetext heißt es, er habe sich Fragen an sich selbst und das Leben gestellt. Wie darf man das verstehen? Giesinger entkommt ein "Oh Gott", ehe er dann ausholt: "Es gibt den Song '4000 Wochen'. Da stelle ich die große Frage: Was machen wir mit der Zeit, die wir zur Verfügung haben? Ehe man sich versieht, sitzt man da und hat alles verpasst. Man kann sich dafür entscheiden, das Leben proaktiv zu leben - oder mitgezogen zu werden und andere für dich entscheiden zu lassen. Um zu checken, was man wirklich will, muss man mit sich in die Stille gehen. Schauen, was passiert, wenn ich eine Woche im Wald in einer Hütte bin und jeden Abend ins Feuer schaue. Welche Stimme spricht da zu mir?"

Es ist sein erster Promobesuch in Wien seit sieben Jahren. Beim letzten Album "Vier" (2021) hat ihm die "Corona-Time", wie er sagt, einen Strich durch die Rechnung gemacht. "Aber ich war letztes Jahr privat hier, für ein Konzert von Parcels. Da habe ich zwei schöne Tage in Wien verbracht - auf dem Badeschiff und so. Das ist eine geile Stadt. Ich könnte mir vorstellen, ein paar Jahre meines Lebens hier zu verbringen." Derzeit wohne er in Hamburg und sei glücklich dort. "Aber ich glaube, in Wien kann man echt ein gutes Leben führen."

(Das Gespräch führte Wolfgang Hauptmann/APA)

(S E R V I C E - )

(APA)

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