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"Maulkorb für Literaten" schlägt in Frankreich Wellen

Die Forderung nach einem Maulkorb für Literaturpreisträger lässt in Frankreich die politischen Wogen hochschlagen. Der Regierungsabgeordnete Eric Raoult verlangt eine "Pflicht zur Zurückhaltung für die Goncourt-Preisträger".

Er zielt dabei auf die neue Preisträgerin Marie NDiaye, die die Einwanderungspolitik von Präsident Nicolas Sarkozy kritisiert. Die in Berlin lebende Schriftstellerin, die als “Wunderkind” der französischsprachigen Kultur gefeiert wird, fordert jetzt eine Klarstellung von Kulturminister Frédéric Mitterrand.

Anlass des Streits ist eine Aussage NDiayes vom August. Darin hatte die Schriftstellerin Sarkozys Einwanderungspolitik als monströs bezeichnet. Am 2. November wurde ihr der angesehene, aber nur mit zehn Euro dotierte Prix Goncourt für ihren Roman “Trois femmes puissantes” (etwa: Drei starke Frauen) zugesprochen. Daraufhin trat Raoult mit seiner Maulkorb-Forderung auf den Plan.

“Ein Schriftsteller ist dazu da, sich in Sachen einzumischen, die ihn nichts angehen. Zu sagen, was man nicht sagen soll”, erklärte der frühere Goncourt-Preisträger Tahar Ben Jelloun dem “Parisien” (Donnerstag-Ausgabe). “Sollen die Literaturpreise jetzt an Schriftsteller gehen, die politisch mit dem Élyséepalast übereinstimmen?”, fragt der Sprecher der Sozialistischen Partei, Benoît Hamon. Der Karikaturist Willem zeichnete Raoult mit erhobener Faust und der Forderung: “Ein Goncourt-Preisträger hält die Klappe oder tritt zurück.”

NDiaye erklärte, sie vertrete nicht Frankreich, sondern die Literatur. “Ich bin also in meinen Äußerungen zu allen Fragen völlig frei.” Der UMP-Abgeordnete Raoult besteht jedoch darauf, dass “Frankreich sich nicht von einem Goncourt-Preisträger beleidigen lassen muss”. Jetzt wartet NDiaye auf eine Reaktion Mitterrands.

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