Marko Feingold: "Im Konzentrationslager wurde ich hungersüchtig"

Oberriet. (BK) Mit seinen beinahe 102 Jahren ist er fast sieben Mal so alt wie die Schüler, vor denen er eindrücklich über seine Erfahrungen aus unglaublichen vier Konzentrationslagern spricht, und dabei nie müde wird, gegen Ungerechtigkeit zu mahnen.
Geboren am 13. Mai 2013 in Banská Bystrica (heutige Slowakei) blickt der heute 101-jährige, der viel jünger wirkt, auf ein ereignisreiches Leben zurück, das einzigartig ist: Marko M. Feingold gehört zu den letzten Augenzeugen – er ist der letzte jüdische Shoah-Überlebende, der während des Zweiten Weltkriegs bereits erwachsen war. Seine ganze Lebensgeschichte nur ansatzweise zu erzählen, würde jeden schulischen Rahmen sprengen. So beginnt der rüstige Herr mit der vollen Haarpracht stets damit, dass seine Zuhörerschaft gezielt Fragen an ihn stellen kann.
Feingold besuchte im Rahmen des Projekts „Wider das Vergessen“ auch das Oberstufenzentrum Oberriet-Rüthi, wo er vor über Hundert Schülern der zweiten und dritten Oberstufenklassen zwei Stunden lang sprach. Die Schülerinnen und Schüler wirkten anfangs etwas zurückhaltend, was sicher auch damit zusammen lag, dass ein Fernsehteam vom ORF vor Ort war, um das Zeitzeugengespräch zu filmen und auch die Fragen der Schüler einzufangen. „Sind Sie Hitler begegnet“ fragte eine Schülerin. Diese Frage käme fast immer, ganz gleich an welcher Schule er sich befände, sagte Feingold, der sicher gleich viele Termine hat wie die Rolling Stones. Er habe aufgehört zu zählen, wie viele Schulen und Veranstaltungen er in den letzten Jahrzehnten bereits besucht habe. Nicht nur in Österreich und der Schweiz sondern auch in Deutschland spricht Feingold über seine Erfahrungen während des Zweiten Weltkriegs. „Nein, Hitler habe ich nie gesehen, da er nicht in KZs ging, aber Himmler habe ich kennen gelernt“ beantwortete er die Frage.
Es gäbe keine Frage, die er nicht beantworten würde. Je mehr die Schüler Fragen stellen würden, umso besser, da er dann gezielt auf das eingehen könne, was sie interessiere. „Was gab es im Konzentrationslager zu essen?“ wollte ein Knabe aus einer zweiten Realklasse wissen. „Eine Scheibe Brot. Wir bekamen nie mehr als 700 Kalorien zu essen, auch wenn wir über 2000 gebraucht hätten. Innerhalb weniger Monate in Auschwitz wog ich nur mehr 30 Kilogramm und wurde hungersüchtig, da ich seither nie mehr ein Sättigungsgefühl haben kann“ gab der spätere Inhaber eines Modegeschäfts und Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Salzburg zu verstehen.
Marko M. Feingold, der auch Buchautor ist, erzählte zudem, wie er vom Konzentrationslager Auschwitz zuerst ins KZ Neuengamme kam, weil die Nazis ihn im Krematorium ermorden wollten. „Vielen glücklichen Zufällen verdanke ich mein Überleben“ betonte er. Über das KZ Dachau kam Feingold schliesslich 1941 ins KZ Buchenwald, wo er bis zur Befreiung durch die Alliierten interniert war. Zwischen 1945 und 1948 half der Exil-Wiener 100.000 jüdischen Überlebenden, welche in DP-Lagern in Salzburg lebten, über die Krimmler Tauern ins damalige Palästina (heutiges Israel) zu gelangen. Am Wiener Burgtheater wirkt Marko Feingold an der Produktion „Die letzten Zeugen“ mit, wo er bereits auch nach Berlin und Dresden eingeladen wurde. In seiner liebevollen Art, mit der er reine Fakten ohne zu werten und zu verurteilen präsentiert, kommt Feingold auch bei Jugendlichen besonders gut an. Nach dem Vortrag wurde er regelrecht umzingelt und die Schüler stellten weitere persönliche Fragen, beglückwünschten ihn oder wollten ein Autogramm. „Ich spreche über das Geschehene, damit sich die Geschichte nicht wiederholt!“
Du hast einen Hinweis für uns? Oder einen Insider-Tipp, was bei dir in der Gegend gerade passiert? Dann melde dich bei uns, damit wir darüber berichten können.
Wir gehen allen Hinweisen nach, die wir erhalten. Und damit wir schon einen Vorgeschmack und einen guten Überblick bekommen, freuen wir uns über Fotos, Videos oder Texte. Einfach das Formular unten ausfüllen und schon landet dein Tipp bei uns in der Redaktion.
Alternativ kannst du uns direkt über WhatsApp kontaktieren: Zum WhatsApp Chat
Herzlichen Dank für deine Zusendung.