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"Maria Magdalena" im Burgtheater: Starke Bilder, viel Applaus

Sarah Viktoria Frick als Klara und Tilo Nest als Meister Anton während der Fotoprobe zu Friedrich Hebbels "Maria Magdalena"
Sarah Viktoria Frick als Klara und Tilo Nest als Meister Anton während der Fotoprobe zu Friedrich Hebbels "Maria Magdalena" ©APA
Das Drama "Maria Magdalena" von Friedrich Hebbel und wurde am Donnerstagabend im Wiener Burgtheater von Michael Thalheimer erfolgreich zur Premiere gebracht. Thalheimer erwies sich einmal mehr als Spezialist für szenische Radikallösungen - das Ergebnis kam an.
Szenen aus "Maria Magdalena"

Bühnenbildner Olaf Altmann hatte Thalheimer für seine zweifach “Nestroy”-gekrönte “Elektra” im Burgtheater vor eineinhalb Jahren einen spektakulär engen Bühnen-Spalt gebaut – für “Maria Magdalena” ist es eine nur wenig geräumigere Spielfläche geworden. Im schwarz-weiß-grauen Eröffnungsbild lässt sich diese allmählich als hochgestellter Riesen-Sarg identifizieren, in dem unerreichbar hoch ein Kreuz hängt.

Die Handlung von “Maria Magdalena”

Zunächst ist im Haushalt von Tischlermeister Anton (polternd: Tilo Nest), der Gottes Zorn nicht mehr fürchtet als der Menschen Gerede, alles im rechten Lot. Doch plötzlich geraten Wohn-Sarg und Ruf in Schieflage. Eine starke Setzung.

Verantwortlich dafür, dass nichts mehr so ist, wie es sein sollte, ist Tischlersohn Anton, der des Juwelendiebstahls beschuldigt wird. Dass dieser dafür in Wahrheit gar nicht verantwortlich ist, weil die verwirrte Frau des Kaufmanns (Johann Adam Oest in rechtschaffener Aufgelöstheit) die Preziosen selbst stibitzt hat, ist die eine bittere Pointe des vor 170 Jahren veröffentlichten Stücks. Dass nun ausgerechnet Tochter Klara (Sarah Viktoria Frick), die dringend auf die nächste Gelegenheit wartet, den “Fehltritt” mit ihrem Verlobten Leonhard (Lucas Gregorowicz) zu legalisieren, mit vorbildlichem Leben die ramponierte Familienehre geradebiegen soll, die andere.

Emotionales Spiel im Burgtheater

Dem schwierigen Problem, das von der Kirche geschnallte enge Korsett an Moralvorstellungen ins Heute zu transponieren und zu vermeiden, das bürgerliche Trauerspiel zu einem verstaubten Museumsstück werden zu lassen, begegnet Thalheimer mit ästhetischen Eingriffen. Er räumt die Bühne leer (gespielt wird auch vor und neben dem engen Tischler-Stübchen).

Er lässt Bert Wrede einen seiner wunderbar irritierenden, mit Hochfrequenztönen arbeitenden Klangteppiche ausbreiten. Er treibt Figuren wie die Tischlersgattin (schrill: Regina Fritsch), die aus Schande der Schlag trifft, und Szenen wie eine Hausdurchsuchung, die zum brutalen Übergriff wird, in hoch expressives Spiel. Er gibt den Schauspielern wenig Möglichkeit zur Interaktion, aber umso mehr Freiheit zur Emotion. Es wird immer wieder gebrüllt, in diesen eindreiviertel Stunden. Am eindrucksvollsten macht das Klara, die sich lautstark bei ihrem Verlobten bedankt, ihr die Augen dafür geöffnet zu haben, was für ein herzloser, egoistischer Mensch er sei.

Scheiternde Kommunikation bei Hebbel-Stück

Alles geht schief in der Kommunikation zwischen diesen von der Gesellschaft verbogenen Menschen, die kaum ein gerades Wort miteinander wechseln können. Exemplarisch wird das durchgespielt am zentralen Dreigestirn der Aufführung. Sarah Viktoria Frick macht als Klara deutlich, dass ihr Herz dem Jugendfreund Friedrich gehört, doch die anderen Umstände ihr keine andere Wahl als den widerlichen Leonhard lassen. Ihr geflehtes “Heirate mich!” wird durch einen absurden, aber noch innigeren Wunsch ergänzt: “Dann aber bringe mich um!”

Lucas Gregorowicz macht aus Leonhard eine fiese Lachwurz’n, der das Lachen erst dann vergeht, wenn es ihm selbst an den Kragen geht. Albrecht Abraham Schuch als sympathischer Friedrich, der als sich bis nach Amerika durchgrabender Maulwurf eine kleine Glanznummer geben darf, weiß sich in extremis nicht anders zu helfen als zur Pistole zu greifen. Was er damit erreichen will, ist schon weniger klar.

“Ich verstehe die Welt nicht mehr!”

Die einzige, die handelt, ist Klara. Sie stürzt sich in den Brunnen. Der Wohnsarg wird daraufhin in die Höhe geklappt. Im Hintergrund sitzt die Tote. Im Vordergrund verzweifelt der Patriarch, der alles verloren hat, was ihm teuer war, und nicht weiß, warum: “Ich verstehe die Welt nicht mehr!” – Viel Applaus, etliche Bravos und das eine oder andere vereinzelte Buh.

“Maria Magdalena” von Friedrich Hebbel, Regie: Michael Thalheimer, Bühne: Olaf Altmann, Kostüme: Katrin Lea Tag, Musik: Bert Wrede, Mit Lucas Gregorowicz, André Meyer, Sarah Viktoria Frick, Tilo Nest, Regina Fritsch, Tino Hillebrand, Albrecht Abraham Schuch, Johann Adam Oest, Stefan Wieland.
Burgtheater
Nächste Vorstellungen: 25., 28.2., 1., 7., 13.3.

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