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"Man braucht ein Fundament"

Nicht enthusiastisch begrüßt, sind Pop und Jazz hier längst heimisch. Rolf Aberer wünscht sich, dass die Musikbegeisterung nicht durch die Bürokratie getrübt wird.

VN: Herr Aberer, im Jahr 1976 haben Sie gemeinsam mit Benny Gleeson das Jazzseminar Dornbirn gegründet. Als Zwei-Mann-Betrieb. Wie haben Sie sich in einer Zeit, in der Pop und Jazz eher nur bei der Jugend Konjunktur hatte, durchgesetzt?

Aberer: Schüler waren ja gleich da, obwohl wir nicht enthusiastisch begrüßt worden sind. Der Bigband-Club Dornbirn hatte versucht Workshops abzuhalten. Das war an sich schon der Anfang. Wilhelm Stärk, der Musikschuldirektor, war nicht gerade begeistert. Ab und zu hat er aber auch eine Rhythmusgruppe für seine Operettenproduktionen gebraucht. Da standen wir immer parat.

VN: Wie hat denn Ihre Laufbahn konkret begonnen?

Aberer: In einer Band auf der Skiwoche in Lech. Irgendwann habe ich mich dann mit Benny Gleeson und Reinhold Bilgeri getroffen. Wir haben in Innsbruck studiert, am Wochenende wurde Musik gemacht. Da habe ich viel gelernt.

VN: War Ihnen rasch klar, dass Sie die Musik zum Beruf machen wollen?

Aberer: Ich wollte Lehrer werden. Dass man für Rockmusik studiert, das war damals einfach nicht vorgesehen. Es ist für mich auch wichtig zu erwähnen, dass meine Eltern aber meine Entscheidung mitgetragen haben, dafür bin ich ihnen dankbar. Inzwischen hat sich das geändert. Dass man ein Fundament braucht, ist vielen klar.

VN: Gilt das heute generell? Viele junge Musiker gehen vermutlich auch davon aus, dass man einfachere Wege beschreiten kann als die über eine Schule?

Aberer: Das Handwerk ist eben schwer zu erlernen. Es ist unsere Aufgabe, Kindern klarzumachen, dass man es braucht. Nicht das automatische Keyboard.

VN: Der Zulauf am Jazzseminar Dornbirn dürfte dennoch groß sein. Sie unterrichten ja zudem alle Altersgruppen.

Aberer: Das ist auch an anderen Musikschulen der Fall. Die Gitarrelehrer kommen gar nicht mehr rundum. Popularmusik ist überall präsent. Die Leute hören sie überall. Und ich muss sagen, gerade die Sänger sind inzwischen um Klassen besser als früher.

VN: Am Jazzseminar werden etwa 300 bis 350 Schüler unterrichtet. Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Aberer: Eine Chancengleichheit. Jemand, der nicht aus Dornbirn kommt, zahlt praktisch das Doppelte. Es wäre einfacher und effizienter zu arbeiten, wenn es etwa diese Hürde bei der Besetzung von Workshops oder Ensembles nicht gäbe.

VN: Im Vorarlberger Musikschulwesen wurden erst in jüngster Zeit Strukturverbesserungen gestartet.

Aberer: Ich hoffe, dass sich dadurch auch einiges noch weiter verbessert.

VN: Sie wirken in sehr vielen Bands mit, haben Stücke arrangiert, junge Musiker beraten . . .

Aberer: Berater der jungen Musiker? Für mich gilt: Wenn jemand etwas braucht, dann hilft man eben einander.

VN: Inwieweit wird die Entwicklung junger Menschen durch Musik konkret gefördert?

Aberer: Das Spielen in einer Band fördert den Sozialisierungsprozess enorm. Jugendliche sind mitunter ziemliche Egoisten. Das geht in einer Band nicht.

VN: Das Thema Hören ist Ihnen besonders wichtig.

Aberer: Gehörbildung ist das wichtigste Fach. Manchmal ist es besser, man stellt sein Instrument zur Seite und schult sein Gehör.

VN: Was wünschen Sie sich für die Musiker?

Aberer: Mehr Auftritts- und Rundfunkaufnahmemöglichkeiten.

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