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Londoner Queen-Musical bald auch in Wien

Überlebensgroß stößt Freddie Mercury vor dem Dominion Theatre seine Faust in den Londoner Abendhimmel. Noch immer lautet die Botschaft "We Will Rock You", auch fast 16 Jahre nach dem Tod des charismatischen Queen-Sängers.

Plakate werben für das “6th Smash Hit Year“ des 2002 gestarteten Musicals und versprechen „A standing ovation every night“. Beim Lokalaugenschein in einer normalen Werktagsvorstellung hält es das Publikum in dem zu drei Viertel gefüllten 2000-Plätze-Haus am Ende tatsächlich nicht auf seinen Sitzen. Ein Versprechen auch für die Zukunft – hoffen jedenfalls die Verantwortlichen der Vereinigten Bühnen Wien (VBW): Ab 24. Jänner bringen sie das Queen-Musical ins Raimund Theater.

Es ist eine Mischung aus Science-Fiction-Märchen, Love Story, Rock-Museum und Hall of Fame für die britische Super-Group der 1970er Jahre, die sich Autor und Regisseur Ben Elton rund um die bekannten Hits von „We Are The Champions“ bis zu „Fat Bottomed Girls“ und „Another One Bites The Dust“ einfallen ließ: Im 24. Jahrhundert sind alle Musikinstrumente verboten. Der Weltkonzern Globalsoft und seine Vorstandsvorsitzende, die „Killer Queen“, haben Emotionen wie Kaufverhalten der Menschen voll unter Kontrolle. Die Erinnerung an individualistischere und musikalischere Zeiten hält sich nur noch als blasser Mythos, der einem jungen Mann namens Galileo als unerklärliches Echo von früher in Songtiteln und Textfetzen immer wieder in den Kopf steigt. Gemeinsam mit dem Mädchen Scaramouche wird er zum Rebellen, der auf die im Untergrund lebende Gruppe der Bohemians stößt und bei ihnen lernt, was Rock n’ Roll war. Er findet eine Gitarre und befreit die Live-Musik aus ihrer Vergessenheit.

„Wir haben hier ein Publikum im Alter von sieben bis siebzig“, erzählt General Manager Peter Gibbon Hansen, „Meine Kinder kommen immer wieder hier her, und sogar meine betagte Mutter hat es sehr gemocht.“ Möglicherweise hat die Dame aber doch zu Ohrstöpseln gegriffen, denn Zurückhaltung ist bei der Lautstärke nicht angesagt. Die neunköpfige Band, die aus Platzgründen an den Bühnenseiten untergebracht ist, legt sich mächtig ins Zeug. „Bis auf etwas Background-Unterstützung für die Sänger ist alles live“, sagt der Manager. Die drei Dutzend Darsteller haben ordentlich zu tun: „Alle sind entweder auf der Bühne, ziehen sich gerade um oder singen von hinten im Chor mit.“ 110 Menschen sorgen bei sieben Aufführungen in der Woche dafür, dass die Show funktioniert.

Doch auch Queen-Gitarrist Brian May und Drummer Roger Taylor sehen bei der Aufführung, bei der Hollywoodstar Robert De Niro mit seiner Tribeca Productions als Mitproduzent auftritt, immer wieder nach dem Rechten. „Erst vor zwei Tagen war May für neue Castings hier“, berichtet der Manager, und die beiden Hauptdarsteller, der sympathische Schwede Peter Johansson und die quirlige Schottin Jenna Lee James, die als Scaramouche auf der Bühne mehr wie ein Rock-Pumuckl denn als Riot-Girl wirkt, schmunzeln: „Am Anfang haben wir uns immer ein wenig gefürchtet, wenn wir Brians charakteristischen Haarschopf im Publikum entdeckt haben, aber er ist ein wirklich netter Kerl.“ Obwohl er als Jugendlicher ja eher Beatles-Fan gewesen sei, müsse er sagen: Die Musik von Queen habe schon etwas ganz Besonderes, versichert Johansson.

Das bestätigt auch der Erfolg von „We Will Rock You“. Die Show hat sich vervielfacht, rund 20 Produktionen laufen derzeit auf der ganzen Welt, von Madrid bis Moskau und von Melbourne bis Las Vegas. Mit BB-Promotion als deutschsprachiger Kooperationspartner gibt es auch in Köln und in Zürich bereits Queen-Spektakel – keine reinen Klons des Originals (schließlich ist der technische Aufwand von London nicht überall leistbar), aber doch eine gut koordinierte und wiedererkennbare Marke, bei der glücklicher Weise der Humor nicht zu kurz kommt. Denn ohne Augenzwinkern ist die alte Botschaft des Kampfes für Kreativität und gegen Meinungs- und Konsumterror angesichts der Tatsache, dass nun ausgerechnet die Rebellen von einst im lukrativen Musical-Business mitmischen, wohl schwer über die Rampe zu bekommen.

So hat die zwei Stunden 45 Minuten dauernde Show zwar manche Durchhänger zu überwinden, ist in der technischen Umsetzung (etwa mit den toll genützten riesigen Videowalls) jedoch eindrucksvoll und lädt immer wieder zum Schmunzeln ein. Die keimfreie Liebesgeschichte mündet rasch in partnerschaftliche Emanzipationskämpfe, aus der Vergangenheit geholte Song-Titel und Text-Zeilen sorgen für Lacher, und ausgerechnet Britney Spears erleidet als Reinkarnation in Gestalt eines bulligen Schwarzen im Freiheitskampf der Rock-Rebellen den Heldentod. Die Musik von Queen hätte man, bei allem Respekt vor dem Einsatz der Live-Band, allerdings doch lieber ungekürzt und unvermantscht im Original gehört…

Voraussichtlich am 22. November kommen Brian May, Roger Taylor und Ben Elton zur Präsentation der Raimund Theater Produktion nach Wien. Peter Johansson wird dann nicht mehr auf der Bühne des Dominion Theatre stehen. Nach viereinhalb Jahren Dauereinsatz wird er in wenigen Tagen seine Abschiedsvorstellung in London geben und für das Musical „Footloose“ wieder nach Schweden zurückkehren. In Wien will er allerdings unbedingt vorbeischauen: Sein Cousin spielt in der Wiener Produktion von „Rebecca“. Johansson muss sich beeilen. Am 30. Dezember räumt „Rebecca“ das Feld und überlässt für ein halbes Jahr Queen die Bühne des Raimund Theaters. Für den 6. September 2008 ist jedoch bereits wieder Rebeccas Rückkehr fixiert. Wien rockt mit Ablaufdatum. Wien ist eben anders.

“We Will Rock You” im Wiener Raimund Theater, 24.1.2008 bis 10.7.2008, Karten: 01 / 58 885, www.wewillrockyou.at; www.musicalvienna.at

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