Solange nicht klar sei, welche Folgen das Nein der Franzosen und Niederländer habe, sei es nach Ansicht der britischen Regierung derzeit nicht vernünftig, die Gesetzgebung für eine Volksabstimmung voranzutreiben, sagte Außenminister Jack Straw vor dem Unterhaus.
Die EU befindet sich derzeit in einer schwierigen Phase, sagte Straw. Die Stärke des Staatenblocks und die Errungenschaften von fünf Jahrzehnten dürften nicht durch falsches Handeln untergraben werden. Die britische Regierung behalte es sich vor, den Gesetzesentwurf für ein Referendum wieder aufzunehmen, falls die Umstände sich ändern sollten. Aber derzeit sehen wir keinen Sinn darin weiterzumachen, sagte Straw.
Premierminister Tony Blair hatte sich nach der Abstimmungsniederlage in Frankreich und den Niederlanden für eine Denkpause ausgesprochen. Die britische Regierung hatte den Gesetzentwurf für das Anfang 2006 geplante Referendum wenige Tage vor der Volksabstimmung in Frankreich am 29. Mai ins Parlament eingebracht; die Debatten darüber hätten Mitte Juni beginnen sollen.
In einer ersten Reaktion erklärte der luxemburgische Regierungschef und EU-Ratspräsident Jean-Claude Juncker, der Ratifizierungsprozess der europäischen Verfassung sei mit der britischen Entscheidung nicht tot. EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Durao Barroso sagte, in London sei keine definitive Entscheidung gefällt worden. Bisher habe er auch noch von keinem EU-Mitgliedsland gehört, dass es eine endgültige Entscheidung treffen wolle. Vielmehr wollten alle dieses Thema auf dem am 16. Juni beginnenden EU-Gipfel in Brüssel diskutieren.
Die französische Europaministerin Catherine Colonna erklärte in Luxemburg, Frankreich finde es wie Deutschland wünschenswert, dass der Ratifizierungsprozess fortgesetzt wird. Dies müsse aus Achtung vor den zwölf Ländern geschehen, die bereits über die EU-Verfassung abgestimmt hätten, und auch deshalb, weil es die Demokratie so fordere.
Nach der Aussetzung des britischen Referendums wird vielfach ein Dominoeffekt in den Ländern befürchtet, in denen ebenfalls die Bevölkerung über die neue EU-Verfassung abstimmen soll. In Dänemark überwiegt in Umfragen bereits die Zahl der Verfassungsgegner. In Tschechien hatte Präsident Vaclav Klaus am Sonntag verkündet, er halte wenig davon, die Ratifizierung der EU-Verfassung in ihrer derzeitigen Form fortzusetzen.
Nach Einschätzung der linksgerichteten britischen Zeitung The Guardian wird es quer durch Europa immer augenfälliger, dass die Verfassung tot ist, auch wenn dies öffentlich noch nicht überall zugegeben wird. Vorerst wollen Portugal sowie die anderen fünf EU-Ländern, in denen die Bürger bis Ende 2006 über die europäische Verfassung abstimmen sollen, aber daran festhalten.
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