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Lohnzettel zeigt nicht alle Abgaben auf

"Brutto-Brutto" wird nicht ausgewiesen.
"Brutto-Brutto" wird nicht ausgewiesen. ©Symbolbild/Bilderbox
Wer kennt es nicht, wenn man in einem Stellenangebot oder dem Arbeitsvertrag mit seinem Bruttogehalt konfrontiert wird. Der erste Gedanke dürfte hier in den meisten Fällen recht leicht zu erraten sein. Wieviel bleibt mir denn von meinem Gehalt übrig, nachdem alle Abgaben abgeführt wurden?

Im Folgenden haben wir versucht, einen Überblick über die Brutto-Netto-Thematik zu schaffen und aufzuzeigen, was der Lohnzettel im Verborgenen lässt.

“Mehr Netto vom Brutto”

Die Politik der letzten Jahre wurde nicht müde, den Arbeitnehmern einen höheren Nettolohn zu versprechen. So präsentierte Heinz-Christian Strache bereits im Oktober 2014 sein freiheitliches Entlastungskonzept “Runter mit den Steuern!” Mit der Prämisse “Mehr Brutto vom Netto” versprach der heutige Vize-Kanzler, dass keine neuen Steuern hinzukommen, Leistungsträger und Familien entlastet, Sozialabgaben für untere Einkommensschichten gesenkt und die Ursachen der kalten Progression bekämpft werden. Für seine Verwechslung erntete er Häme, die Grundidee seiner Forderungen ist jedoch weiter präsent. Mehr Netto vom Brutto sollte schließlich das erklärte Ziel einer jeden Regierung sein.

So äußerte sich auch Bundeskanzler Sebastian Kurz im Dezember 2017 zu der Thematik, als er unter dem Motto “Comeback für Österreich” seine Schwerpunkte vorstellte. Einer davon war die Entlastung der Steuerzahler, indem die Steuer- und Abgabenquote in Richtung 40 Prozent gesenkt werden sollte.

Durch eine Neuregelung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge wurde im Juli 2018 schließlich für rund 600.000 Österreicher ein Schritt zu einem höheren Nettogehalt wirksam. Bundesministerin Hartinger-Klein äußerte sich nach der entsprechenden Abstimmung am Anfang des Jahres 2018 sichtlich zufrieden. Inwieweit auf dem “Jobgipfel” der Regierung am 19.09.2018 auch die Nettolöhne thematisiert werden, bleibt allerdings abzuwarten.

Doch wie hoch sind die Abgaben auf Arbeit in Österreich überhaupt? Wofür werden die Gelder verwendet und ist der Lohnzettel in dieser Hinsicht wirklich transparent?

Hohe Abgabenlast in Österreich

Nach einer OECD-Studie (Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) vom 26.April 2018 liegt Österreich bei den Abgaben im europäischen Spitzenfeld. Höhere Belastungen für Arbeitnehmer gebe es nur in Belgien, Deutschland, Italien und Frankreich. So ist die Abgabenlast in Österreich, nach einem Rückgang wegen der Steuerreform 2016, im Vorjahr wieder leicht gestiegen. Bei einem alleinstehenden Durchschnittsverdiener (knapp 46.000 Euro Jahresbrutto bei Vollzeit) flossen 47,4 Prozent der gesamten Lohnkosten an die Finanz oder die Sozialversicherung. Mitgerechnet werden hier auch Dienstgeberbeiträge. Im OECD-Schnitt sind es lediglich 35,9 Prozent.

Agenda Austria / CC BY 4.0

Agenda Austria / CC BY 4.0

Wie eine der APA vorliegende Aufstellung des WIFO (Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung) zeigt, hängt in Österreich fast die Hälfte der Staatseinnahmen an den Einkommen der Arbeitnehmer. Demnach machen die Gesamtabgaben auf unselbständige Arbeit 75,9 Mrd. Euro aus. Wobei aber nur ein geringer Anteil auf die Lohnsteuer entfällt (19,2 Mrd. Euro). Der Großteil fließt in die Sozialversicherung (44,2 Mrd. Euro), also in die Absicherung der Arbeitnehmer durch Pensions-, Kranken-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung. Zusätzlich bezahlen vor allem die Arbeitgeber noch weitere Abgaben auf die Lohnsumme ihrer Mitarbeiter (12,5 Mrd. Euro). Damit finanziert der Staat unter anderem Familienbeihilfen und Wohnbauförderung.

Intransparenz auf dem Lohnzettel

Auf dem Lohnzettel finden sich das Bruttogehalt und abzüglich der Abgaben schließlich das Nettogehalt. Soweit dürfte also jedem Arbeitnehmer bewusst sein, wieviel von seinem Gehalt abgeführt wird. Darüber hinaus existiert jedoch auch ein “Brutto vom Brutto”, das auf den meisten Lohnzetteln nicht ausgewiesen wird. So fließen fast die Hälfte des ursprünglichen Bruttogehalts in die Sozialsysteme, werden mittels der Lohnsteuer an den Staat abgeführt oder werden für die Kommunalsteuer, den Mitarbeitervorsorgebeitrag und andere Posten abgezweigt.

Dies entspricht folglich einer Abgabe, die für den Arbeitnehmer äußerst intransparent ist, da er die prozentuellen Anteile des “Brutto vom Brutto” nicht einsehen kann. Ein nicht ersichtlicher Abgabeposten, der jedoch um die Hälfte des eigentlichen Bruttogehalts ausmacht, je nachdem wie viel man verdient.

Hierzu hat die Agenda Austria, ein wirtschaftsliberaler Think-Tank, die Initiative #deineleistung gestartet und auf ihrer Internetseite einen Bruttomat bereitgestellt, mit dem man die zusätzlichen Abgaben aufschlüsseln kann. Sie fordert dabei eine transparentere Auflistung auf dem Lohnzettel und gibt eine Einsicht in die Berechnungslogik des Brutto-Netto-Rechners.

Beispielhaft haben wir deshalb die tatsächlichen Abgaben von drei Gehältern verglichen:

Zunächst bei einem monatlichen Bruttoeinkommen von 2000 Euro:

Bruttomat / Agenda Austria
Bruttomat / Agenda Austria ©Bruttomat / Agenda Austria

Zudem bei einem monatlichen Bruttoeinkommen von 5000 Euro:

Bruttomat / Agenda Austria
Bruttomat / Agenda Austria ©Bruttomat / Agenda Austria

Und zuletzt bei einem Bruttogehalt von 10.000 Euro im Monat:

Bruttomat / Agenda Austria
Bruttomat / Agenda Austria ©Bruttomat / Agenda Austria

Wer gerne einmal die Abgaben für sein Gehalt erfahren möchte, kann also den beigefügten Bruttomat zur Hilfe nehmen und dabei unter anderem erfahren, bis zu welchem Tag im Jahr ausschließlich für den Staat gearbeitet wird.

Link zum “Bruttomat”

(APA/Red.)

 

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