Ab Ende Juni findet man in den Migros Filialen in Luzern Plastik-Sammelsäcke. Die Supermarktkette plant ein neues Sammelsystem für die Schweiz. Kunden können gesammelte Plastikabfälle direkt beim Einkaufen wieder in den Geschäften abgeben. Die so gesammelten Kunststoffe werden von Migros und den Systempartnern in größere Sammelzentren gebracht und dort in Ballen gepresst. Das Plastik soll recycelt und zu neuen Verpackungen für Produkte wiederverwendet werden. Bis Frühjahr 2021 soll es dieses Konzept schweizweit geben. Der Konzern will so Verantwortung in Sachen Umweltschutz und Nachhaltigkeit übernehmen. Der Haken an der Sache: Die Sortierung kann aufgrund von zu kleinen Kapazitäten nicht in der Schweiz stattfinden. Das komprimierte Ballen-Material wird daher zur sortenreinen Trennung zu Loacker Recycling in Lustenau gebracht.
Über 200 Lkw-Ladungen im Jahr 2021
Loacker arbeitet nicht direkt mit Migros zusammen, der Systempartner der Recyclingfirma ist die Schweizer "Innorecycling" bzw. "Innoplastics". Heuer läuft die Pilotphase für das neue Recycling-Konzept. Nach aktuellen Informationen wird derzeit mit ca. 3000 Tonnen Kunststoffabfällen für die Kunststoffsortieranlage und das weitere Recycling gerechnet. Nächstes Jahr sollen es dann 7500 Tonnen sein. Sortenrein getrennt kann das Material größtenteils dem Recycling zugeführt und für neue Kunststoffe wiederverwendet werden - etwa für neue Produktverpackungen bei Migros. Die heuer zu erwartenden Mengen entsprechen rund zwei Lkw-Ladungen pro Woche, für das Jahr 2020 also noch rund 50 Ladungen. 2021 sollen demnach über 200 Lkw-Ladungen nach Lustenau geliefert werden. Die Anlieferung in Lustenau soll je nach Materialaufkommen, aber natürlich ausschließlich werktags, erfolgen. Für die Anlieferung der Kunststoffabfälle wird jeweils die kürzeste und beste Route nach Lustenau gewählt werden.
So denkt Landesrat Tittler
Landesrat Marco Tittler begrüßt grundsätzlich die Initiative zum Recycling. Vorarlberg sei Sammelweltmeister in verschiedenen Bereichen - auch bei der gesamten Abfallwirtschaft. Darum sei man hier grundsätzlich dafür, wenn auch die Nachbarn recyceln. Ein funktionierendes System solle nicht an der Landesgrenze aufhören. Auch der zusätzliche Lkw-Verkehr dürfe hier kein Hindernis sein. Man stehe bei sehr vielen Sachen im wirtschaftlichen Austausch. Die Coronakrise habe gezeigt, was es bedeute, wenn die Grenzen auf einmal wieder geschlossen seien. Es bestehe eine gegenseitige Abhängigkeit in vielen Bereichen. Hier sei es schwer, zu sagen, das eine sei gut und das andere schlecht, so ein Vertreter des Landesrates. Umgekehrt profitiere Vorarlberg als Exportland von vielen Exporten in andere Länder und brauche auch Rohstoffe, die importiert werden.
Mit Lkw-Verkehr gut ausgelastet
Landesrat Johannes Rauch verwies bei der Anfragebeantwortung auf Christoph Metzler, Grüner Landtagsabgeordneter in Vorarlberg und unter anderem zuständig für Umwelt, Abfallwirtschaft und Verkehr. Dieser sieht die Sache wiederum kritisch: "Es macht keinen Sinn, Abfälle von Genf nach Vorarlberg zu transportieren", erklärt er gegenüber VOL.AT. Es sei wichtig, dass der Transport so gering wie möglich gehalten werde. Durch den Mülltransport nach Vorarlberg ist auch mit einem Lkw-Verkehrs-Plus zu rechnen. Die Zollämter Lustenau und St. Margareten-Höchst seien bereits gut ausgelastet. "Da muss man schauen, dass das nicht zu viel ist", so Metzler.
Einwegverpackungen als Sackgasse
Dass ein Händler wie Migros Müll sammle zeige, dass er seiner Verantwortung bewusst sei. "Das macht durchaus Sinn", verdeutlicht der Landtagsabgeordnete. Die Tendenz gehe aber weiterhin in Richtung Einweg-Verpackungen, was abzulehnen sei. Diese sei eine "Sackgasse". "Wichtig ist, dass wir den Mehrweganteil deutlich erhöhen, damit regionale Kreisläufe stärken", gibt er zu verstehen. Die Kreislaufwirtschaft und nicht die Recyclingwirtschaft sei Thema. Nur bis zu 70 Prozent der Verpackungen zu recyclen, wie es in der Schweiz der Fall sei, sei langfristig nicht genug: Ziel solle sein, relativ kurzfristig mindestens 90 Prozent oder sogar mehr zu erreichen. So gesehen sei das ganze als Mogelpackung zu sehen.
(Red.)
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