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Ländle-Know-how liefert Fakten im Wettskandal

Ein Frühwarnsystem vom Wettanbieter "Bets4all" wird auch von der UEFA genutzt.
So präsentiert sich das Spiel Gossau – Locarno auf Asian Motor

Täglich neuen Stoff liefert der größte Wettskandal der europäischen Fußball-Geschichte. So bestätigte die Schweizer Bundesanwaltschaft gestern zwei Festnahmen, auch in Kroatien gab es Verhaftungen. Auch Vereine, betroffen oder nicht, reagieren immer drastischer: Mündliche Befragungen, schriftliche Erklärungen, Suspendierungen von Spielern – das sind erste Maßnahmen. Weitere Details erlauben einen kleinen Einblick in die Machenschaften der Wettmafia. Ein Vorarlberger, der sich mit dem Thema ebenfalls auseinandersetzt, ist Dr. Thomas Böckle. Er klärt auf: „Vor allem Spieler aus den Balkanstaaten werden, vorzugsweise mit Einjahresverträgen ausgestattet, in Europas zweiten und dritten Ligen geparkt“, so der Unternehmensberater. Böckle selbst vertritt einen in Vorarlberg sesshaften Online-Anbieter („Bets4all“), der mit einer speziellen Software Auffälligkeiten bei Spiel- und Wettverläufen aufdeckt. Was anfangs zum eigenen Schutze gedacht war, ist laut Böckle auch für andere Unternehmen und Sportverbände von Nutzen. Seit Oktober 2008 ist der Europäische Fußballverband UEFA, wie der Vorsitzende der Disziplinarkommission Peter Limbacher bestätigt, im Besitz der Software mit dem klingenden Namen „Asian Motor“. Kein Wunder, werden doch die meisten Spielmanipulationen im Fernen Osten eingefädelt. So hat allein China mit mehr als 300 Millionen Internetnutzern die größte Online-Gemeinde der Welt. „Wir sprechen hier nicht von einem Millionen-, sondern von einem Milliardengeschäft“, so Böckle. „Allein im Internet.“

Fünf Ländle-Spiele

Die Software ist für den Absolventen der Wiener Wirtschaftsuniversität durchaus ein „probates Instrument gegen die Kriminalität“ und „simpel in der Handhabung“. Das Frühwarnradar basiert auf einem Ampelsystem Rot, Gelb, Grün und deckt den asiatischen Raum ab. Allein im Zeitraum Jänner bis Juni 2009 schlug das System in Österreich bei zwölf Spielen in der Bundesliga und 18 Partien in der ADEG Erste Liga an – mit Vorarlberger Beteiligung. Insgesamt fünf Matches mit heimischen Klubs waren auffällig, wobei vor allem bei zwei Spielen sehr hohe Wetteinsätze ins Auge stachen. In absoluten Zahlen heißt das rund 100.000 Pfund (ca. 110.000 Euro) Wetteinsatz für einen Sieg einer Mannschaft. „Das heißt aber nicht, dass hier Betrug gegeben ist“, stellt Böckle klar. Allerdings sei es ein Indikator dafür, dass etwa jemand über extremes Insiderwissen (Verletzungen, Aufstellungsänderungen, andere Mannschaftsinterna usw.) besitzt und dies für hohe Wetteinsätze nutzt. Laut Böckle ist es dann die „Kombination von extremen Quotenverwerfungen und hohen Wetteinsätzen und dem letztlich passenden Ergebnis, die zu Überprüfungen führt“. Somit sei die eigentlich für Wettfirmen als Schutz vor Manipulationen entwickelte Software auch eine Art „Internetpolizei“. Genutzt wurden die Daten von „Asian Motor“ zuletzt auch in der Schweiz bei der Auf- deckung des Spielbetrugs in der Zweitliga-Begegnung zwischen dem FC Gossau und Locarno. Seitens des Klubs aus der Ostschweiz wurde im Zuge der Ermittlungen bereits ein Spieler suspendiert. Durchgegriffen hat die UEFA auch bei einem Spiel der englischen „Blue-Square-League“ zwischen Weymouth und Rushden&Diamonds (0:9), wo das Wettvolumen nicht weniger als 709.000 Pfund betrug.

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