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Libanon: Antisyrischer Politiker getötet

Ein weiterer antisyrischer Politiker ist am Dienstag in Beirut einem Attentat zum Opfer gefallen. Georges Hawi, der frühere Vorsitzende der libanesischen Kommunistischen Partei, wurde Opfer eines Autobombenanschlags.

Er sei sofort tot gewesen, hieß es am Dienstag in Sicherheitskreisen. Die Bombe sei wahrscheinlich unter dem Beifahrersitz seines Autos versteckt gewesen und ferngezündet worden.

Hawis Partei machte pro-syrische Kräfte innerhalb des libanesischen Sicherheitsapparates für die Tat verantwortlich. Es ist der zweite Anschlag dieser Art innerhalb eines Monats. Am 2. Juni kam der prominente Syrien-kritische Journalist Samir Kassir bei einem ähnlichen Attentat ums Leben.

Fahrer unbeschadet

Die Detonation ereignete sich im Beiruter Stadtteil Wata Mussaitbeh. „Das Auto rollte weiter und wir sahen, wie der Fahrer schreiend aus dem Fenster kletterte“, berichtete ein Augenzeuge. Er selbst sei dann zu dem Auto gerannt und habe den 68-jährigen Hawi zerfetzt auf dem Beifahrersitz gesehen. Der Fahrer wurde offenbar nicht schwer verletzt. Zunächst hatte es noch geheißen, auch ein Mitarbeiter Hawis sei getötet worden.

Zunächst bekannte sich niemand zu dem Anschlag. Der aktuelle Chef der libanesischen KP, Chaled Hadade (Hdeidi), machte jedoch verbliebene pro-syrische Kräfte in der Führung der Sicherheitsdienste für die Tat verantwortlich. Nach der Ermordung des Journalisten Kassir hatten die USA Syrien vorgeworfen, eine Namensliste libanesischer Politiker erstellt zu haben, die getötet werden sollen.

Syrien weist Kritik zurück

Syrien, das seine Truppen vor wenigen Wochen nach fast 30 Jahren Präsenz komplett aus dem Libanon abgezogen hat, wies diese Vorwürfe zurück. Die Vereinten Nationen dehnten indes ihre Ermittlungen zur Ermordung des früheren libanesischen Ministerpräsidenten Rafik al-Hariri auf den Präsidentenpalast in Beirut aus.

UN-Ermittler um den Berliner Oberstaatsanwalt Detlev Mehlis begutachteten am Dienstag den Tatort des neuen Anschlags. Parallel dazu ließ Mehlis die Büros und Wohnräume des Chefs der Präsidialgarde, Mustafa Hamadan, durchsuchen und den Sicherheitschef des syrien-treuen Präsidenten Emile Lahoud befragen. Hamadan ist einer von sechs libanesischen Sicherheitschefs, die die anti-syrische Opposition für die Ermordung Hariris verantwortlich macht. Hariri und 20 weitere Menschen waren Mitte Februar bei einem Anschlag auf das Auto des Politikers in Beirut ums Leben gekommen.

Mikati geschockt

Der amtierende Ministerpräsident Nadjib Mikati zeigte sich erschüttert: „Mit jedem Fortschritt des libanesischen Staates kommen jene hervor, die die Sicherheit bedrohen und eine solche Art von Botschaft senden wollen.“ Justizminister Chaled Kabbani verurteilte den Anschlag als Versuch, nach den freien und demokratischen Wahlen die nationale Einheit und Aussöhnung im Libanon zu zerstören.

„Wir werden dem nicht nachgeben“, sagte Kabbani. Drusenführer Walid Joumblat und andere Oppositionspolitiker machten syrische und libanesische Geheim- und Sicherheitsdienste verantwortlich. Der syrische Informationsminister Mahdi Dachlallah verurteilte die Bluttat auf Schärfste und betonte das Interesse Syriens an Frieden, Sicherheit und Stabilität im Libanon.

Wahl vor zwei Tagen

Zwei Tage zuvor war die auf vier Wochen angelegte Parlamentswahl zu Ende gegangen. Die siegreiche anti-syrische Allianz wird von Saad al-Hariri angeführt, dem Sohn des im Februar ermordeten früheren Ministerpräsidenten. Auch für dieses Attentat hatte die Opposition Syrien verantwortlich gemacht. Die massenhaften Proteste nach Hariris Tod sowie internationaler Druck veranlassten Syrien, seine Soldaten aus dem Nachbarland abzuziehen. Seit dem Ende des Bürgerkrieges 1990 hatte Syrien dort die Rolle einer Ordnungsmacht inne.

Hawis Haltung zur syrischen Einmischung in seinem Land änderte sich mehrfach. War er anfänglich gegen das syrische Eingreifen im libanesischen Bürgerkrieg von 1975 bis 1990, verbündete er sich später mit der syrischen Führung im Kampf gegen pro-israelische christliche Milizen. Nach dem Bürgerkrieg kritisierte er jedoch zunehmend den syrischen Einfluss in seinem Land und wurde zu einem ausgewiesenen Kritiker Syriens. In der anti-syrischen Opposition spielte er zuletzt jedoch nur eine Außenseiterrolle.

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