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Leib und Seele

Die Münder aufeinander gepresst, sieht es aus wie ein Kuss. Doch die Performance von Marina Abramovic und Ulay, bei der sich die Künstler Sauerstoff und zunehmend Kohlendioxid zuatmen, macht atemlos.

Die Videoaufzeichnung „Breathing in – Breathing out“ ist eine der berührendsten Arbeiten der Ausstellung „Knockin’ on Heaven’s Door“ im Kunstmuseum Liechtenstein.

Geistige Sprünge

Diese Schau widmet sich physisch-psychischen Grenz­erfahrungen und versammelt künstlerische Positionen von den 1960er-Jahren bis in die Gegenwart, die sich mit dem Verhältnis von Leib und Seele, Geist und Materie befassen. Im Schaffen von Abramovic geht es darum, den Körper „an seine äußerste physische Grenze zu treiben, damit ein geistiger Sprung vollzogen werden kann“.

Zu den „historischen“ Positionen, um die herum sich diese eindringliche Ausstellung formiert, gehören auch Künstler wie Beuys oder Bruce Naumann. Es war der Beginn der Diskussion über Verlust und Verschwinden des Körpers als Folge der zunehmenden Mediatisierung der Welt, dem die Künstler körperliche, teils existenzielle Erfahrungen entgegensetzten.

Strichmännchen

Die Radikalität, mit der die Grenzen zwischen dem Ich und der Welt damals untersucht wurden, ist seit den 80ern geschwunden. Die Nähe von Körper und Geist nimmt sich in den Arbeiten von Felix Gonzales-Torres oder der koreanischen Künstlerin Kimsooja ungleich poetischer und symbolhafter aus. Während der Haufen Bonbons im Laufe der Ausstellung schwinden und zur Metapher für das allmähliche Weniger-Werden und die Auflösung des Körpers des aidskranken Gonzales-Torres werden, verschmilzt Kimsooja auf einem Stein liegend mit der umgebenden Landschaft.

Brücke nach Vorarlberg

Den Brückenschlag zwischen frühen Collagen und Zeichnungen mit Strichmännchen und der Gegenwart vollzieht mit dem Amerikaner Matt Mullican jener Künstler, der auch in der Johanniterkirche zu sehen ist. Die Installation mit Betttüchern ist unter Hypnose entstanden und bewegt sich zwischen Subjekt und Objekt. Jenes Mäandern zwischen der persönlichen und der universellen Sicht, das Wirklichkeit konstruiert, zeichnet viele Arbeiten aus.

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