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Lebenslang für Mord an Ägypterin aus Fremdenhass in Deutschland

Höchststrafe für ein brutales Verbrechen aus Fremdenhass in einem deutschen Gerichtssaal: Der Russlanddeutsche Alex W. muss den Mord an der Ägypterin Marwa El-Sherbini mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe büßen. Das Landgericht Dresden stellte in seinem Urteil am Mittwoch zugleich die besondere Schwere der Schuld fest. Damit ist eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren praktisch ausgeschlossen.

Das Motiv war “Ausländerhass, der sich wie ein roter Faden durch den Aufenthalt des Angeklagten in Deutschland zog”, sagte die Vorsitzende Richterin Birgit Wiegand in der Urteilsbegründung. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, der ägyptische Botschafter, der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, der Zentralrat der Muslime und die sächsische Regierung begrüßten den Schuldspruch.

“Er tötete Marwa El-Sherbini nicht aus Furcht oder Angst, sondern aus Rache. Dabei hat er bewusst ihre Arglosigkeit und Wehrlosigkeit ausgenutzt.” Während er sich selbst einer höheren Rasse zugehörig fühlte, habe Alex W. die Ägypterin als minderwertig angesehen. Eine Tat im Affekt schloss die Richterin aus. Wiegand bezeichnete Alex W. als voll schuldfähig.

   Der 28-Jährige war wegen Mordes, versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Die Staatsanwaltschaft hatte ihm vorgeworfen, aus Fremdenhass die schwangere Marwa El-Sherbini am 1. Juli im Dresdner Landgericht erstochen und ihren Mann Elwy Ali Okaz schwer verletzt zu haben. Der Ehemann wurde danach noch irrtümlich von einem zu Hilfe eilenden Bundespolizisten angeschossen.

   Das Dresdner Landgericht folgte mit dem Urteil den Plädoyers der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger. Die Verteidigung hatte auf Totschlag und versuchten Totschlag im Affekt plädiert und sah Indizien für eine paranoide Persönlichkeitsstörung. Kurz vor Prozessende war ein Schreiben von der russischen Generalstaatsanwaltschaft eingetroffen. Darin hieß es, der Angeklagte sei im Juli 2000 wegen einer psychischen Erkrankung aus der Armee ausgemustert worden. Die Verteidigung prüft, ob sie Berufung einlegt.

Die Bluttat spielte sich vor den Augen des dreijährigen Sohnes des Paares ab. Sie hatte in der arabischen Welt Bestürzung und Proteste ausgelöst. Der ägyptische Botschafter in Deutschland, Ramzy Ezzeldin Ramzy, äußerte sich sehr zufrieden über das Urteil. Man habe die Höchststrafe gefordert und die Höchststrafe bekommen, sagte er.

Alex W., der seit 2003 in Deutschland lebt, hatte in einer Erklärung seines Anwalts die Tat gestanden, das Motiv Fremdenhass aber bestritten. Der Angeklagte nahm das Urteil mit gesenktem Kopf regungslos zur Kenntnis. Er habe Sherbini “niedergemetzelt” und sei dabei “eiskalt wie ein Killer” vorgegangen, hatte die Staatsanwaltschaft ihm vorgeworfen.

Richterin Wiegand sagte, nach seiner Aussiedlung habe Alex W. das Leben in Deutschland als “Multikultischeiße” empfunden. Er sei der Meinung gewesen, dass Ausländer ihm die Arbeit wegnehmen. In erster Linie habe er Muslime verachtet: “In seinen Augen waren sie alle Islamisten.” Die Hoffnung auf ein besseres Leben in Deutschland habe sich für den Spätaussiedler nicht erfüllt. Er sei immer nur als Russe betrachtet worden.    

Alex W. muss auch für alle Schäden in Folge des Messerangriffs aufkommen. Die Richterin sagte, der 28-Jährige müsse den Eltern, dem Witwer, dem Bruder und dem dreijährigen Sohn der getöteten Ägypterin “alle materiellen und immateriellen Schäden ersetzen”. Etwa 100 Muslime aus ganz Deutschland protestierten am Mittwoch vor der Verkündung des Urteils in Dresden gegen Diskriminierung.

Der Arbeitslose W. hatte sein späteres Opfer auf einem Spielplatz wegen ihres Kopftuchs als “Islamistin” und Terroristin beschimpft. Sie hatte ihn daraufhin angezeigt. So kam es während des Berufungsprozesses in der Sache zu der Bluttat.

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